
Island: Der Osten
Ich hatte bisher das Gefühl, dass die Leute, wenn sie über ihre Island-Reise(n) erzählen, eigentlich nur von Süd- (klar), West- (noch klarer: Reykjavík und Golden Circle) oder – schon seltener – von Nord-Island berichten (Stichwort Diamond-Circle). Aber der Osten von Island taucht in den Berichten viel weniger auf. Das verstehe, wer will, denn hier gibt es wirklich eine Menge zu entdecken! Großartige Fjordlandschaften, der größte Wald Islands und die einzigen Rentiere des Landes!
Egilsstaðir
Egilsstaðir ist mit 2636 Einwohnern (Stand 2023) die größte Stadt im Osten Islands. Sie ist eine recht junge Stadt: Erst Mitte der 1940er Jahren entstanden um einen Gutshof mit gleichem Namen herum weitere Häuser. 1987 bekam der Ort Stadtrechte.
Egilsstaðir selbst ist eher schmucklos, hat aber eine gute Infrastruktur mit Tankstelle, großem Supermarkt, verschiedenen Lokalitäten und dem Ostisländischen Heimatmuseum (Minjasafn Austurlands, Eintritt 1500 ISK).
Die gängigen Mietwagen-Anbieter, wie Europcar, Hertz und Budget haben hier Niederlassungen.
Zudem besitzt Egilsstaðir den einzigen Flughafen Ostislands.
In der Umgebung gibt es einige interessante Ausflugsziele, so dass sich die Stadt gut als Ausgangspunkt für Exkursionen eignet.

Lagarfljót (auch: Lögurinn)
Der Lagarfljót sieht aus wie ein See, ist aber eigentlich ein Fluss. Seine eher unschöne graue Farbe kommt daher, dass das Wasser darin Gletscherabfluss ist. Der Sage nach lebt im Lagarfljót ein schlangenartiges Seeungeheuer: der Lagarfljótwurm. (Vermutlich der nächste lebende Verwandte von Nessi.) Seit 1345 (!) halten sich hartnäckig Geschichten über seine Sichtung. Die Längenangaben für den Wurm variieren allerdings deutlich: zwischen 10 und 90 Metern…
Die letzte bekannte Sichtung ist noch gar nicht so lange her – 2012 filmte ein Bauer den Wurm und brachte ihn ins isländische Fernsehen – und von dort gelangte er zu ABC News in Amerika. Wer es auch einmal sehen möchte (oder wie die Landschaft am Lagarfljót aussieht), der kann sich bei You Tube ein Video dazu sehen!
Der Lagarfljótwurm geht auf eine Sage aus Jón Árnasons Sammlung isländischer Märchen zurück. Demnach wurde er (als kleiner Wurm) von einem Mädchen zusammen mit einer goldenen Brosche in eine kleine Schachtel gelegt, um so das Gold zu vermehren. Doch nicht das Gold wuchs, sondern der Wurm! In Panik warf das Mädchen die Schachtel in den Lagarfljót. Dort wuchs der Wurm weiter. Zum Glück, hieß es, konnte er aber von Zauberern auf dem Grund des Sees angekettet werden.
Das größte Waldgebiet Islands, der über 700 Hektar große Hallormsstaðaskógur, der seit 1905 unter Naturschutz steht, liegt am östlichen Ufer des Sees Lagarfljót, 25 Kilometer südlich von Egilsstaðir.
Seit 1903 wurden hier über 100 Baumarten getestet, ob sie in Islands rauem Klima überleben können – immerhin zehn haben den Test bestanden! 😉 Es Ergebnis pflanzte man verstärkt Birken und Lärchen an. Durch den Wald führen verschiedene Wanderwege und es gibt eine ganze Reihe von Campinglätzen am Ufer des Sees.
Vök Baths
Überall in Island gibt es heiße Quellen, aber im Osten des Landes sind sie weniger häufig zu finden. Dennoch hat auch Egilsstaðir hat ein schönes, neues Geothermal Bad: Vök (dt. „geschmolzene Eislöcher“). Eröffnet wurde „Islands neueste geothermische Attraktion“ 2019.
Abgesehen davon, dass die heißen Bäder in Island ja immer toll sind, ist dieses das erste und bislang einzige Bad mit schwimmenden Becken. Es liegt innerhalb des Sees Urriðavatn und ist von diesem umgeben. Die Becken selbst sind eher klein, aber das tut dem Erlebnis keinen Abbruch!
Im Eintrittspreis (7.490 ISK – Stand Mai 2025) ist ein Tee an der Poolbar enthalten.
Hotel Tipp: Hotel 1001 Nott
Etwa sechs Kilometer außerhalb des Stadtzentrums liegt – direkt am Ufer des Lagarfljót – das zauberhafte Hotel 1001 Nott, das ich absolut empfehlen kann (ich habe meine Übernachtung aus eigener Tasche bezahlt, die Werbung ist unbezahlt und unabhängig). Schon der Empfang war so freundlich und aufmerksam, dass ich mich ab der ersten Minute wohl gefühlt habe – trotz der Baustelle nebenan (die bei der Buchung „natürlich“ nirgends erwähnt wurde…). Das Hotel wird gerade (2025) vergrößert. Tatsächlich habe ich von den Bauarbeiten nicht viel mitbekommen, nur der erste Eindruck bei der Anfahrt war leicht getrübt. „Baustellenfahrzeuge auf Schotterstraße“ sind nicht unbedingt das, was ich mir unter „exklusive Alleinlage in der Natur“ vorstelle… Aber das war auch schon der einzige Nachteil. Wie schon gesagt – einmal drin im Hotel, war von der Baustelle nur noch wenig zu merken.
Das Hotel hat 2018 eröffnet. Es wirkt alles noch neuwertig und gepflegt. Die sehr geschmackvoll eingerichteten Zimmer bieten eine absolut fantastische Aussicht auf den See und die Berge. Da braucht man den (vorhandenen) Fernseher im Zimmer gar nicht. Jedes Zimmer hat einen separaten Eingang und bodentiefe Fenster. Für den Koffertransport steht ein Golf-Car zur verfügung, was ich lustig finde.



Es gibt zwei Hot Pots im Freien, ebenfalls mit Blick auf den See. Nicht verpassen!
Sehr liebevoll zubereitet war das Frühstück (inkl.)! Auch das Abendessen sah gut aus – ich hatte allerdings bereits in Egilsstaðir gegessen, so dass ich bei meiner Ankunft nicht hungrig war. Schade eigentlich…
Egilsstaðir liegt verkehrstechnisch günstig. Die Ringstrasse führt direkt durch den Ort. Von hier zweigen der Borgarfjarðarvegur 94, der Skriðdals- og Breiðdalsvegur 95 und der Seyðisfjarðarvegur 93 ab.
Hengifoss & Litlanesfoss
Von Egilsstaðir sind es nur etwa 35 Kilometer bis zu einem der schönsten Wasserfälle Islands – dem Hengifoss. Die 931 umrundet den See, so dass die Anfahrt zu beiden Seiten des Ufers möglich ist. Ich fahre auf der östlichen Seite hin und auf der westlichen zurück, so verpasse ich nichts! 😉 Auf der Ostseite gibt es eine ganze Reihe an Camping- und Picknickplätzen im Wald.
Es gibt einen großen, frisch geteerten, kostenpflichtigen Besucherparkplatz mit Besucherzentrum und sauberen Toiletten. Auch ein Imbisswagen steht bereit, allerdings ist dieser bei meinem Eintreffen geschlossen.
Um zum Hengifoss zu kommen, muss man ein wenig laufen. Zunächst geht es relativ steil bergan. Auf halber Höhe dann erreicht man den kleineren, aber durchaus auch sehenswerten Litlanesfoss. Der steht ein bisschen im Schatten des größeren und bekannteren Hengifoss‘, was mir ein bisschen ungerecht erscheint, denn ich finde „den Kleinen“ auch besonders schön. Er ist von riesigen 6-eckigen Basaltsäulen umrahmt.


Ab hier wird der Anstieg (puh!) etwas flacher.
Der Hengifoss ist mit 118 Metern Fallhöhe der 5. höchste Wasserfall Islands! Er wird gespeist aus dem Fluss Hengifossá, der in den Lagarfljót mündet. Das Besondere am Hengifoss ist das Gestein hinter dem Wasserfall, das aus verschiedenen Schichten besteht. Jene aus Vulkanasche schimmern durch die enthaltenen Eisenoxid-Partikel rötlich. Die Rückwand ist also quasi gestreift.

Für den Rückweg empfehle ich den Weg über die Brücke zu nehmen. So läuft man auf der gegenüberliegenden Seite den Weg hinunter, so dass sich nochmal ganz neue Aussichten ergeben. Ich kann gar nicht sagen, welche Seite attraktiver ist. Also unbedingt beide ausprobieren!



Seyðisfjörður
Mein nächstes Ziel ist Seyðisfjörður.
Die Ostertage sind 2025 noch sehr kalt und es gibt viel Schnee. In den Tagen unmittelbar vor meiner geplanten Weiterfahrt nach Seyðisfjörður ist der einzige Zubringer, der Seyðisfjarðarvegur 93, immer wieder wegen schlechter Wetterverhältnisse gesperrt, so dass ich schon in Sorge bin, ob ich Seyðisfjörður überhaupt erreichen kann. Aber dann habe ich Glück – die Bedingungen verbessern sich und die Straße bleibt geöffnet!
Die Anfahrt von Egilstaðir nach Seyðisfjörður führt auf 27 kurvenreichen Kilometern über einen 650 Meter hohen Bergpass und ist ziemlich spektakulär.
Unterwegs kommt man an dem kleinen See Heiðarvatn vorbei, in dem man im Sommer Forellen fangen kann. Ich sehe allerdings nichts davon – der See ist zugefroren und verschneit!
Gufufoss
Die Fluss Fjarðará ist der „Abfluss“ aus dem Heiðarvatn. Er fällt beim Gufufoss (dt. Dampfwasserfall) 27 Meter in die Tiefe (in neun Meter Breite). Im Verlauf des Flusses und der Umgebung gibt es über zehn weitere Wasserfälle. Vor Seyðisfjörður wird das Wasser im Kraftwerk Fjarðarselsvirkjun genutzt.
Der Gufufoss eignet sich für einen kurzen Stop. Ein kleiner Parkplatz befindet sich gleich auf der rechten Straßenseite neben dem Wasserfall.



Vom Wasserfall sind es nur noch knapp fünf Minuten mit dem Auto und ein paar Serpentinen bis zum Ortskern von Seyðisfjörður.
Seyðisfjörður ist ein hübscher, kleiner Ort, umgeben von über 1000 Meter hohen, steilen Bergen und dem See Fjarðará als Orts-Mittelpunkt. Er liegt geschützt am gleichnamigen 17 Kilometer langen Fjord und hat einen der besten Naturhäfen Islands.
Das bekannteste Fotomotiv ist die blaue Kirche Seyðisfjarðarkirkja. Sie hat sich ein bisschen zum Wahrzeichen von Ostisland entwickelt, meist in Kombination mit dem (inzwischen schon reichlich verblassten) Rainbow-Walk davor.
Seyðisfjörður ist idyllisch und wirkt sehr verschlafen – zumindest im April bei kalten Temperaturen, ohne Kreuzfahrtschiffe und die Fähre Norröna, die Island auf dem Seeweg mit den Färöer-Inseln und Dänemark verbindet. Wenn die im Hafen vor Anker liegen, verändert sich das Treiben im Ort!



So aber erlebe ich ein sehr pittoreskes Städtchen mit bunten Häusern, einigen kleinen Läden (alle zu), Kjörbúðin (Supermarkt, geöffnet), Restaurants und div. Unterkunftmöglichkeiten.
Fun Fact: Fast alle Häuser des Ortes (inkl. Kirche) kamen als Bausatz aus Norwegen hier her!
Seyðisfjörður hat eine interessante Geschichte! Anders beim nahen, recht jungen Egilsstaðir, befand sich hier bereits Ende des 19. Jahrhunderts eine stadtähnliche Siedlung mit knapp 400 Einwohnern. Als Seyðisfjörður 1895 Stadtrechte erhielt, hatten dieses Privileg vorher nur drei weitere im ganzen Land! 1901 hatte sie 841 Einwohner (heute weniger als 700) und war damit die weitaus größte Ortschaft im Osten Islands. Heute hat ihr Egilsstaðir den Rang abgelaufen!
Der norwegische Reeder Otto Wathne verhalf Seyðisfjörður zu wirtschaftlichem Aufschwung, als er 1895 auf der Halbinsel Dalatangi den ersten Leuchtturm Islands bauen ließ und so Schiffen die Einfahrt in den Fjord nach Seyðisfjörður erleichterte. Damit brachte er die Modernisierung des gesamten Landes ins Rollen!
In seinem 1894 erbauten Wohnhaus befindet sich heute das Technikmuseum, das an diese Zeit erinnert. Es wurde 1984 gegründet und fungiert inzwischen auch als Heimatmuseum. Bei einem gewaltigen Erdrutsch im Dezember 2020 erlitt das Museum leider schwere Schäden und ist derzeit geschlossen. Die Schlammlawine war die größte, die jemals in bewohntem Gebiet auf Island niedergegangen ist. Sie zerstörte oder beschädigte mehrere Häuser, zum Teil schwer. Unfassbar eigentlich, dass es keine Todesopfer gab! Die Stadt war damals zeitweise evakuiert. Im Ort stehen Info-Tafeln mit Bildern des Unglücks.


Zwei geschichtliche Superlative kann die Stadt verzeichnen:
Als 1913 in der Nähe der Stadt das erste Wasserkraftwerk Islands entstand, wurde Seyðisfjörður als erste Stadt des Landes voll elektrifiziert!
Zuvor war Seyðisfjörður 1906 als erste Stadt Islands ans Telefonnetz angeschlossen worden. Ein über 600 Meter langes Telegrafenkabel war von den schottischen Orkney-Inseln bis nach Seyðisfjörður verlegt worden, wodurch in der Folge die Telefonleitungen in ganz Island ausgebaut werden konnten.
Zum hundertsten Jahrestages dieses Ereignisses wurde die Skulptur in Form einer verrosteten Telefonzelle des isländischen Künstlers Guðjón Ketilsson aufgestellt. Im Inneren der Zelle steht auf einer Tafel Hvernig gengur? (dt. Wie geht’s?). Sie steht am Fjord kurz hinter dem Hafenbüro an der Straße 952.



In Seyðisfjörðurs leben zahlreiche Künstler. Bei meinem ersten Rundgang durch den Ort entdecke ich erstaunlich viel Street Art: Graffiti (z.B. The Bear & The Lady Graffiti), Skulpturen und kunstvoll bemalte Häuser.
Von überall im Ort hat man Sicht auf den 60 Meter hohen Wasserfall Búðareyrarfoss. Er liegt direkt oberhalb des Kreuzfahrtschiff-Piers und des Technischen Museums. Ein hübscher, kurzer Spazierweg führt ein Stückchen den Hang hinauf und ermöglicht einen Blick aus nächster Nähe.

Die Geschichte des Ortes geht noch weiter: Im zweiten Weltkrieg befand sich hier ein Marinestützpunkt der Alliierten. Seyðisfjörður war Ausgangs- oder Endpunkt mehrerer Nordmeergeleitzüge. Im Februar 1944 versenkten deutsche Flugzeuge den britischen Tanker Grillo, als er gerade in Seyðisfjörður vor Anker lag.
Donnerstags kommt die Fähre Norröna der Smyril Line aus Dänemark, bzw. von den Färöer-Inseln in Seyðisfjörður an. Daher ist Seyðisfjörður Anfangs- und Endpunkt diejenigen, die auf der Insel mit dem eigenen Auto (ggf. Wohnwagen) unterwegs sein wollen.
Hotel-Tipp: Bankinn – Hotel by Aldan
Ich habe (auf eigene Kosten) im Bankinn – Hotel by Aldan übernachtet.
Das Hotel ist etwas Besonders! Auf Initiative einer Gruppe einheimischer Frauen kam Anfang der 2000er Jahre die Idee auf, in den historischen, leerstehenden Häusern der Stadt ein Hotel entstehen zu lassen (anstelle eines modernen Neubaus). Mit Unterstützung der Hollywood-Produzentin Sigurjón Sighvatsson wurde das Konzept eines Hotels, das sich über mehrere historische Gebäude erstreckt, in die Tat umgesetzt.
Ursprünglich war das Bankinn 1898 als eines der luxuriösesten Hotels und Restaurants Islands gebaut worden. Tatsächlich beherbergte es dann später fast über hundert Jahre eine Bank – daher der heutige Name.
Bei der Renovierung im Jahr 2002 wurde Wert darauf gelegt, „die historische Atmosphäre zu bewahren und gleichzeitig modernen Komfort zu schaffen“. Charmante Details, wie der in einen alten Sekretär eingebaute Kühlschrank, unterstützen das. Ich habe eine Vorliebe für alte Häuser, insofern trifft das Hotel einen Nerv bei mir. Ich finde die Zimmer super-geschmackvoll eingerichtet, schlicht, aber stilvoll und mit Liebe zum Detail. Am Morgen habe ich Glück, dass ich während der Reinigung in alle Zimmer gucken kann. Besonders nett finde ich die Alkoven in den Familienzimmern!
Es gibt ein Einzelzimmer, sechs Doppelzimmer, ein Dreibettzimmer und ein Vierbettzimmer. Zur Zimmerausstattung gehören Heizung (wichtig!), ein eigenes Badezimmer mit Pflegeprodukten und Fön.
Oddagata 6, 710 Seyðisfjörður, Island


Das Frühstück ist im – nicht eben günstigen – Zimmerpreis nicht enthalten, kann aber im dazu gehörigen Café, indem sich auch die Rezeption des Hotels befindet, dazu gebucht werden. Im Winter (auch April) ist die Rezeption nicht besetzt, der Check-In erfolgt über einen Türcode.
Gastronomie
Wenn man nach Seyðisfjörður reinkommt, fährt man geradewegs auf das rote Haus Aldan Restaurant/Café Nordic zu. Es liegt also an der Hauptkreuzung des Ortes, dahinter der See Fjarðará und nach links abgehend der Rainbow-Walk, der zur blauen Kirche führt. Beste Lage also. Das Restaurant hat einen ausgezeichneten Ruf. Leider kann ich es nicht testen – während meines dreitägigen Aufenthaltes ist es geschlossen. Das Café allerdings konnte ich durchaus ausprobieren, da hier das Frühstück zu meiner Unterkunft angeboten wird. Es ist separat zu bezahlen.
Das Café ist hübsch, modern, hell und freundlich eingerichtet, zwei Tische haben Seeblick, die Bedienung ganz nett. Das Frühstücksangebot ist allerdings eher übersichtlich. Keine Eierspeisen und Kakao oder alle Getränke, die über Filterkaffe und Tee hinausgehen, müssen separat bezahlt werden.
Den Preis finde ich ehrlicherweise unangemessen. Leider mangelt es an Alternativen…
An einem Abend teste ich das Kaffi Lára El Grillo Bar (etwas sperriger Name). Ich bin sehr zufrieden! Essen lecker, Personal super-freundlich, Ambiente gemütlich. Wie oft in Island: Selbstbedienung und Wasser gratis.
Adresse: Norðurgötu 3 (vis-à-vis zum Aldan Restaurant)



Bakkagerði
Von Seyðisfjörður sind es gut 90 Kilometer in nördlicher Richtung nach Bakkagerði, meinem nächsten Etappenziel. Von Egilsstaðir sind es zwanzig Kilometer weniger. Die Fahrt geht über den Borgarfjarðarvegur 94. Von der Bucht Héraðsflói geht es über die kurvenreiche Pass-Straße Vatnsskarð eystra und um eine Landzunge mit herrlicher Landschaft bis ins kleine Dörfchen Bakkagerði, das malerisch am Borgarfjörður eystri liegt. Nicht einmal 100 Menschen leben hier.




Der Borgarfjörður eystri führt nur etwa 5 km weit ins Land hinein. Es ist auf der einen Seite umrahmt von bunten Rhyolith-Bergen, auf der anderen vom beeindruckenden Dyrfjöll-Massiv. Hier verläuft die Grenze zwischen den dunklen Basaltbergen im Westen und den in kräftigen Farben leuchtenden Bergen im Osten, heißt es bei Just Iceland.
Ich befinde mich jetzt ganz im Norden der Ostfjorde, einer der abgelegensten Gegenden der Insel.
Die Bakkagerðiskirkja in Bakkagerði stammt aus dem Jahr 1901. 2001, also hundert Jahre nach ihrer Erbauung, wurde sie zuletzt renoviert. Seit 1990 steht die hübsche Holzkirche unter Denkmalschutz. Hier hängt das Altarbild des bekannten isländischen Malers Jóhannes Sveinsson Kjarval (1885 – 1972). Er ist der berühmteste Sohn des Dorfes. Sein Hauptwerk von 1914 zeigt eine „sehr isländische Interpretation“ der Bergpredigt: Jesus predigt vom Álfaborg herab. Im Hintergrund ist der Höhenzug zu sehen. Das Gemälde ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten des Ortes.



Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das mittig im Ort gelegene, mit Torf geschützte Holzhaus Lindarbakki. Der älteste Teil des Hauses stammt aus dem Jahr 1899, wie etwa der Keller, in dem sich ein Brunnen befindet. Das Haus ist etwa 30m² groß und besteht aus einem Zimmer und einer Küche. Das Interieur stammt größtenteils von 1934. Einen liebevollen (fremden) Blogbeitrag dazu mit vielen Innenansichten habe ich hier gefunden. Während meines Besuches war das Haus leider nicht zu besichtigen.
Gegenüber vom Lindarbakki steht eine lange Schaukel, von der man einen wunderschönen Blick auf den Fjord. Sehr Instagram-tauglich!
Unter dem nah beim Ort gelegenen Hügel Álfaborg befindet sich der Sage nach eine der Residenzen des Elfenkönigs und seines Hofstaates! Ein schmaler Weg führt auf den Hügel hinauf, von dem aus man einen schönen Blick auf Bakkagerði und aufs Wasser hat.
Borgarfjörður eystri war Schauplatz und Drehort des preisgekrönten isländisch-dänischen Films Herzstein (Original: Hjartasteinn) von Guðmundur Arnar Guðmundsson.
Die Umgebung von Bakkagerði zählt übrigens zu den besten Trekking-Gebieten des Landes, mit mehr als 140 Kilometern markierter Routen.
Vogelfelsen Hafnarhólmi
Der eigentliche Grund, weshalb ich nach Bakkagerði fahre, liegt gut fünf Kilometer hinter dem Ort. Es zieht mich zum Vogelfelsen Hafnarhólmi, auf der sich eine Kolonie von Papageitaucher mit bis zu 10.000 Brutpaaren befindet, die hier aus nächster Nähe beobachtet werden können.
Zunächst parke ich auf einem unbefestigten Parkplatz und laufe zu einer Treppe, die mich zu einem kleinen, hübschen Hafen führt. Von dort führt eine Weg zum eigentlichen Vogelfelsen.


Ich bin ein bisschen früh im Jahr, eigentlich startet die Papageitaucher Saison erst im Mai. (Ein paar Tage später komme ich zum Kap Dyrhólaey im Süden Islands, wo es ebenfalls eine Papageitaucher-Kolonie gibt. Dort ist noch kein einziger angekommen!) Ganz anders hier: Der Felsen ist bereits gut besucht. Und das bezieht sich Ausnahmsweise nicht auf die Menge der anwesenden Touristen, denn die hält sich erfreulicher Weise sehr in Maßen, sondern auf die Papageitaucher! Ich bin hingerissen!


Aus allernächster Nähe beobachte ich die niedlichen Vögel, wie sie sich – trotz Menschen – gänzlich angstfrei bewegen, zu Land, in der Luft und – etwas weiter weg – im Wasser.
Es gibt zwei zwei Beobachtungsplattformen, eine davon ist überdacht, so dass man auch bei regnerischem Wetter in Ruhe gucken kann. Das ist heute zum Glück nicht nötig.



Übrigens: Ich fotografiere ausschließlich mit meiner Handykamera, also keinesfalls mit Zoom-Objektiv. Nur mal am Rande, damit klar wird, wie nah man hier an die Tiere rankommt! Ich bin maximal begeistert!
Anfangs dachte ich ja nicht, dass ich mich je satt sehen könnte, aber irgendwann kommt dieser Punkt doch, und ich mache mich auf den Rückweg. Reichlich unerwartet für mich hat das moderne, kleine Hafnarhús Café im Hafen geöffnet. Gefühlt war das halbe Land noch geschlossen, auch an deutlich touristischeren Orten, aber hier, quasi am Ende der Welt, ist das Café geöffnet! Um so besser. Ich gönne mir eine frische Waffel und einen heißen Kakao und sitze mit Blick auf Hafen, den dahinter liegenden Vogelfelsen und die schöne Landschaft und freue mich des Lebens! 😉



Der Vogelfelsen ist natürlich DAS absolute Highlight hier, aber tatsächlich ist auch die Landschaft atemberaubend schön. Die Stimmung ist so still (okay, Vogelgeschrei ausgeklammert) und friedlich. Das sollte bei aller Vogel-Euphorie nicht unerwähnt bleiben!


Stuðlagil Canyon
Gute 50 Kilometer von sind es über die Ringstraße von Egilsstaðir bis zum Abzweig auf die 923, über die man zum Stuðlagil Canyon kommt. Über die anfangs noch gut ausgebaute und frisch asphaltierte 923, die später zur Schotterstrasse wird, fahre ich weitere zwanzig Kilometer. Dann tauchen einige Häuser auf und ich muss mich entscheiden, ob ich zur West- oder Ostseite des Jöklá (auch: Jökulsá á Dal), jenes Flusses, der durch den Stuðlagil Canyon fließt, will. Der Jökla ist übrigens der längste Gletscherfluss Islands. In 150 km fließt er vom Vatnajökull bis zum Meer im Osten Islands.
Ich wähle den Abzweig nach links (Ostseite) und komme wenige Meter später zu einem Parkplatz an einer Brücke. Ich hatte gelesen, dass es einen zweiten Parkplatz näher am Canyon gibt und fahre (todesmutig) weiter, denn die Straße ist jetzt eine echte Schlagloch-Piste!
Nach etwa zwei weiteren Kilometern erreiche ich tatsächlich den nächsten (ebenfalls Schlagloch-übersäten, dennoch kostenpflichtigen) Parkplatz. Ab hier geht es nur zu Fuß weiter.

Ein breiter Wanderweg führt oberhalb des Flusses entlang Richtung Canyon. Kurz nach dem Start komme ich am ziemlich vereisten Wasserfall Stuðlafoss vorbei. Der Weg ist ebenerdig und gut ausgebaut. Jetzt im April ist er allerdings sehr vereist und extrem matschig.

Vor der Anfahrt wichtig zu wissen: der Weg hinab zum Canyon befindet sich auf der östlichen Seite des Flusses. Leidermuus ich feststellen, dass der Abstieg bei meinem Besuch nicht möglich ist – die Wetterverhältnisse sind einfach zu schlecht, der Weg zu vereist. Die Aussicht ist trotzdem schön!
Auf der gegenüberliegenden westlichen Seite befinden sich am Hang mehrere Aussichtsplattformen.



Bis vor ein paar Jahren war der Canyon übrigens noch komplett geflutet, so dass die charakteristischen Basaltsäulen unterhalb der Wasseroberfläche lagen. Durch den Bau des Hálslón-Stausees wurden allerdings quasi alle Zuflüsse des Jöklá gekappt, wodurch der ehemals wilde Gletscherfluss gebändigt und die Basaltsäulen freigelegt wurden.
Zurück am Parkplatz steht ein Imbisswagen mit nettem Betreiber-Paar. Hier kann man, falls man die App nicht hat, auch die Parkgebühr bezahlen. Außerdem gibt es ein Toilettenhäuschen. Ich trinke beim Imbiss einen heißen Kakao.
Passstraße 939 (Axarvegur) mit Öxi-Pass
Jetzt mache ich mich langsam auf den Weg Richtung Süden. In Egilsstaðir verlasse ich die Ringstraße, um zunächst über die 95 und dann die Passstrasse 939, die hier Axarvegur heißt, und den Öxi-Pass auf 532 Metern Höhe nach Djúpivogur zu fahren.
Der Axarvegur wurde ab 1999 ausgebaut, um die Fahrstrecke zwischen Egilsstaðir und Höfn um 67 km gegenüber der Ringstraße zu verkürzen. Es gibt Pläne, die Straße weiter auszubauen und dabei die maximalen Steigungen von jetzt 22 % auf 8 % zu reduzieren.
Ich finde, diese Passstrasse ist eine Sehenswürdigkeit für sich! Sie erinnert mich ein bisschen an den schottischen Gebirgspass Bealach na Bà, der die Applecross-Halbinsel mit Lochcarron verbindet. Da gibt es Aufkleber in den umliegenden Tankstellen und Shops, als „Nachweis“, dass man die Fahrt überstanden hat. Das fände ich hier auch angebracht, der einzige Unterschied ist, dass die Straße hier – zum Glück – nicht einspurig ist!



Landschaftlich ist die Fahrt jedenfalls unglaublich schön. Unterwegs sieht man mehrere eindrucksvolle Wasserfälle, z.B. den Folaldafoss oder den Hænubrekkufoss. Nach Norden fließt der Fluß Axará neben der Straße entlang, im Süden die Brufjarðará. Sie mündet in den Berufjörður.



Am Westufer des Berufjörður entlang, jetzt wieder auf der Ringstraße, fahre ich bis Djúpivogur.
Djúpivogur
Djupivogur (dt. Tiefe Bucht) ist ein kleines Küstendorf an der Spitze der Halbinsel Bulandsnes, zwischen den Fjorden Hamarsfjördur und Berufjörður. Der Ort liegt am Fuße des pyramidenförmigen Basaltberges Bulandstindur (1.069 m).
Angeblich ist der Berg in ganz Island für seine atemberaubende, fast skulpturale Schönheit bekannt. Einer Legende zufolge kann der Berg während der Sommersonnenwende Wünsche erfüllen. Ich bin zur falschen Zeit da, sonst könnte ich mir gleich mein Wiederkommen wünschen!
Die bunten, aus der Dänenzeit stammenden Häuser im Dorfkern machen Djupivogur zu „einem der schönsten Architektur-Ensembles in ganz Island“: das Dorf gilt als eines der schönsten der Insel.
Die 417 Einwohner leben überwiegend vom Fischfang und zunehmend vom Tourismus. Die touristische Infrastruktur ist gut, es gibt diverse Unterkünfte, Restaurants und mehrere Cafés, sowie kleine Geschäfte. Der Hafen ist so tief, dass hier auch Kreuzfahrtschiffe ankern können. Die bringen zahlungswillige Kunden!



Direkt am Hafen liegt das historische, rote Haus Langabúð aus dem Jahr 1790. Es beherbergt das Heimatmuseum, das sich der Handelsgeschichte von Djupivogur widmet.
Angeschlossen ist auch ein Café, wo ich kurz einkehre. Es geht munter zu. Neben einer Handvoll Touristen treffen sich hier hauptsächlich Hafenarbeiter zum Mittagessen.
Djúpivogur ist auch bekannt für die Skulptur „Eggin í Gledivík“ von Sigurdur Gudmundsson. Sie besteht aus großen Graniteiern, die lokale Vogelarten darstellen.
Rentiere
Als ich mich auf die Weiterfahrt begebe, stoße ich kurz hinter dem Ort auf eine Herde Rentiere, die gerade die Straße überquert. Ein paar Kilometer weiter sehe ich auf einem Feld neben der Straße weitere Rentiere! Ich bin begeistert!
Isländische Rentiere sind übrigens im 18. Jahrhundert aus Norwegen eingeführt worden. Ihre Population liegt bei 6000 bis 7000 Tieren. Sie kommen nur im Osten der Insel vor!



Fauskasandur
Als nächstes lege ich einen kurzen Stop beim Parkplatz am Fauskasandur ein, einem schwarzen Sandstrand mit einem dunklen Monolithen, der fotogen im Wasser steht. Die Brandung hier hat es ziemlich in sich!

Stokksnes
Der nächste Stop ist ein Island-Klassiker: die Landzunge Stokksnes. Die Bilder kennt vermutlich jeder von Instagram. Entstörend gut besucht ist diese Stelle. Es gibt einen großen Besucherparkplatz mit einem Café (Viking Café) und angeschlossenem Souvenir-Shop. An der Kasse kann man den Eintritt (ja, hier ist eine Eintrittsgebühr pro Person zu zahlen!) bezahlen. Es gibt aber auch einen Automaten vor der Tür. Das Ticket ist nötig zum Öffnen der Schranke für die Weiterfahrt Richtung Wasser.



Das Besondere an diesem Hot Spot ist die Dünenlandschaft mit schwarzem Sand in Kombination mit der Lagune, in der sich höchst fotogen der Berg Vestrahorn spiegelt.
Am Strand entdecke ich einen angespülten, toten (kleinen) Buckelwal.
Auf der Landzunge steht noch ein Leuchtturm. Viel deutlicher sichtbar ist allerdings die Radarstation, die die Amerikaner 1955 hier gebaut haben und von der noch Reste stehen. Echt häßlich, finde ich.


Geht man links am Viking Café vorbei, kommt man nach knapp zehn Minuten zu einem fälschlicherweise oft als alt bezeichneten Wikingerdorf. Die Besichtigung ist im Eintrittspreis für Stokksnes enthalten.
Das Dorf wurde für einen geplanten Hollywoodfilm gebaut. Der Film wurde dann allerdings nie gedreht. Später wurde die Kulisse für einige Szenen der Serie Vikings genutzt. Inzwischen ist das Ensemble allerdings schon recht heruntergekommen.

Höfn
Nach etwa 12 Kilometern erreiche ich Höfn í Hornafirði, eine recht geschäftigen kleinen Ort mit gut 1800 Einwohnern (Stand 2023). Auch heute noch leben viele von ihnen von Fischfang und -verarbeitung. Aber das „touristische Dienstleistungsgewerbe“ gewinnt immer stärker an Bedeutung, es gibt erstaunlich viele Hotels und Gästehäuser in dem kleinen Ort, auch Restaurants und Cafés in größerer Auswahl.
Die Lage des Ortes ist toll: von Wasser umgeben auf einer Landzunge zwischen dem Hornafjörður und dem Skarðsfjörður.
Ich kehre ein in der Imbissbude Hafnarbuðin am Hafen und bin ganz angetan vom Essen und den fröhlichen Mädels hinter der Theke. Und es gibt super-leckeres Softeis (dänischer Standard, falls das jemandem was sagt!). Gut ist auch das Kaffi Hornid!
Fazit
Der Osten Islands ist völlig unterbewertet! Punkt. 😉
Zum Weiterlesen/Weiterfahren eignet sich der Diamond Circle oder der Islands spektakulärer Süden.
