Alter Hafen Wismar

Hansestadt Wismar

An einem Dienstag im August 2024 mache ich mich auf zu einem Tagesausflug in die Hansestadt Wismar. Am späten Vormittag starte ich vom Bahnhof aus zu einer Erkundung der Stadt. Ich freue mich auf rote Klinker-Bauten, schöne, alte Giebel-Häuser, kopfsteingepflasterte Altstadtgassen und den Hafen, denn das sind die Bilder, die ich im Kopf habe, wenn ich mir Wismar vorstelle. Die Altstadt steht übrigens seit 2002 auf der Welterbe -Liste der UNESCO.  

Über die Mühlengrube komme ich nach nur ein paar Metern entlang der Frischen Grube zur Schweinsbrücke. Und schon bin ich mitten drin, in den Sehenswürdigkeiten, die die Stadt zu bieten hat.

Um es schon mal vorweg zu nehmen: zu sehen gibt es hier reichlich – praktischerweise alles zu Fuß erlaufbar. Wismar hat knapp 44.000 Einwohner und im Innenstadtbereich liegen sämtliche Sehenswürdigkeiten eng beieinander. Ich hatte mir vorab eine Liste gemacht, was ich alles sehen möchte. Ich bin noch keine zehn Minuten in der Stadt, da kann ich schon vier Häkchen setzen: Frische Grube, Schweinsbrücke, St. Nikolai Kirche und Museum Schabbellhaus!

Frische Grube

Die Frische Grube ist ein künstlich angelegter Wasserlauf aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, der den Mühlen­teich mit der Ostsee verbindet. Die angrenzende Straße trägt den selben Namen und gehört zu den ältesten Straßen Wismars. Hier wirkt alles sehr beschaulich. Die kleinen bunten Häuser lassen die jetzt sichtbar werdende Nikolaikirche um so größer und imposanter erscheinen.

St. Nikolai Kirche

Wismar hat(te) drei große Kirchen, von denen zwei während des zweiten Weltkrieges schwer beschädigt wurden. Die Nikolaikirche hatte am meisten Glück und ist weitestgehend erhalten geblieben.

Sie gilt als Meisterwerk der Spätgotik im nordeuropäischen Raum. Fertig gestellt wurde sie 1487. „Das Hauptschiff ist mit 37 Metern Gewölbehöhe das vierthöchste Kirchenschiff Deutschlands und das zweithöchste im Sakralbau der Backsteingotik“, weiß Wikipedia. Mir gefällt die Kombination aus Schlichtheit (Backstein und dezente Farben) und Größe & Detailverliebtheit.

Schweinsbrücke

Von der Nikolaikirche führt Richtung Innenstadt die kleine Schweinsbrücke über die Frische Grube. Ihren Namen trägt sie, weil hier früher Schweine vom Anger am Poeler Tor in die Stadt zum Markt getrieben wurden. Seit 1989 zieren vier fröhliche Bronzeschweine des Bildhauers Christian Wetzel die vier Ecken der Brücke. Sie zu berühren soll Glück bringen.

Wem dieses Glück nicht reicht, der kann ein paar Meter weiter im Café Glücklich einkehren oder Glück to Go kaufen!

Schabbell-Haus

Unübersehbar steht eins der schönsten Häuser Wismars an dieser Brücke, das auffällig rote Renaissancegebäude „Schabbell“. Es wurde um 1570 nach Plänen des holländischen Architekten Philipp Brandin für Wismar späteren Bürgermeister Hinrich Schrabbell gebaut.

Heute beherbergt es das hochgelobte Museum für Stadtgeschichte, das nach umfangreichen Sanierungen 2017 wiedereröffnet wurde. Das Museum zeigt u.a. die Zeit der Schweden in Wismar. Hier befindet sich auch der einzig original erhaltene Wismarer Schwedenkopf.

Über die ABC-Strasse laufe ich Richtung Marktplatz. Entlang der Strasse stehen viele weitere schöne, teilweise denkmalgeschützte zwei- bis viergeschossige Giebel-Häuser aus der Zeit der Hanse.

Auch in die kleinen Seitenstrassen links und rechts lohnt es sich einen Blick zu werfen. Wie ein Freilichtmuseum wirkt die Szenerie – nur lebendiger.

Besonders schön finde ich das Wohn- und Geschäftshaus Hansa in der ABC-Strasse Nr. 17 mit seiner verklinkerten und gefliesten Fassade.

Marktplatz

Am Marktplatz gönne ich mir eine erste Pause und kehre ein ins gemütliche Café 28. Von hier habe ich bereits einen schönen Blick auf den Platz, auf dem noch letzte Aufräumarbeiten stattfinden nach dem Schwedenfest vom vergangenen Wochenende, das die Hansestadt jedes Jahr im Sommer feiert.

Der historische Markt ist das Zentrum der Altstadt. Anhand seiner Größe (etwa einen Hektar) läßt sich die Bedeutung Wismars zu Zeiten der Hanse ablesen. Einige bedeutende Bauten der Stadt stehen hier, zumeist Geschäfts- und Gasthäuser und Banken. Viele davon stehen unter Denkmalschutz, wie beispielsweise das (schwedische) Kommandantenhaus aus dem späten 16. Jahrhundert im Stil der Niederländischen Renaissance.

Rathaus

… und das Rathaus, ein klassizistischer Bau von 1819.

Das älteste Rathaus brannte 1351 ab. Es folgte ein zweites in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts und nun eben das dritte von 1819. Einige Mauerreste des zweiten Baus sind im westlichen Teil des heutigen Gebäudes noch erhalten.

Rathaus Wismar

Alter Schwede

An der Ostseite des Platzes steht ein Haus mit einer ganz besonders schönen Backsteinfassade. Es ist eines der ältesten Bürgerhäuser der Stadt von 1380 und mit einer der letzten spätgotischen Giebelhausfassaden der Stadt. Heute ist es unter der Bezeichnung „Alter Schwede“ eine Touristenattraktion. Der Name stammt von einer Gastwirtschaft aus dem 19. Jahrhundert, und bis heute existiert an selber Stelle ein Restaurant mit diesem Namen. Über dem Eingang befindet sich die Replik eines Schwedenkopfes.

Die Sache mit den Schweden und Wismar ist so: Während des 30-jährigen Krieges wurde Wismar von den Schweden besetzt. Erst 1903 wurde die Stadt an Mecklenburg zurückgegeben. Heute wird eine enge Freundschaft gepflegt, die sich zum Beispiel im bereits oben erwähnten Schwedenfest zeigt.

Wasserkunst

Das auffälligste Bauwerk des Markplatzes aber ist die Wasserkunst, ein pavillonartiger Brunnen mitten auf dem Platz. Es ist eins der Wahrzeichen der Stadt.

Um 1600 wurde die Wasserkunst im Renaissance-Stil nach Plänen des Niederländers Philipp Brandin, der auch das Schabbell-Haus geplant hat, erbaut. Bis 1897 diente der Brunnen zur Wasserversorgung der Stadt, nachzulesen (auf Deutsch und Latein) auf den Inschriften an den Brunnenseiten.

Marienkirche (Turm)

Die Marienkirche liegt zwischen Marktplatz und Fürstenhof. Genau genommen existiert die Kirche heute eigentlich nicht mehr. 1960 wurde ihr durch einen Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigtes Kirchenschiff gesprengt und nur noch ihr gut 80 Meter hoher Turm ist erhalten, der als Seezeichen eine wichtige Funktion behielt.

Die Ziffernblätter der Turmuhr haben einen Durchmesser von 5 Metern, was einen guten Blick auf die Uhrzeit vom Boden ermöglicht. Akustische Unterstützung liefern alle Viertelstunde die zwölf Kirchenglocken. Dazu lässt das Uhrwerk dreimal täglich ein Glockenspiel erklingen.

Auf dem Platz, an dem vormals das Kirchenschiff stand, deuten kleine Mauern die ehemaligen Umrisse an. Mehrere „verspielte“ Statuen runden das Ensemble ab.

Archidiakonat

Vis-à-vis zum Kirchturm, am Ausgang der Sargmacherstrasse, steht ein weites prächtiges Beispiel norddeutscher Backsteingotik aus dem frühen 15. Jahrhundert: das ehemalige Wohn- und Verwaltungshaus des stellvertretenden Bischofs, das Archidiakonat. Besonders eindrucksvoll ist der mit Staffelgiebel.

Vorbei am Turm der Marienkirche komme ich zum Fürstenhof.

Fürstenhof

Der Fürstenhof stammt aus dem 16. Jahrhundert und war die Sommerresidenz der mecklenburgischen Herzöge in Wismar.

Heute ist das auffällige Bauwerk (opulent verziert mit plastischem Kalkstein- und Terrakottaschmuck) Sitz des Amtsgerichts Wismar.

Fürstenhof Wismar

St. Georgen Kirche mit Aussichtsplattform

Gleich nebenan steht schon die nächste große Kirche von Wismar, die schöne St. Georgen Kirche. Sie gehört zu den größten Backsteinkirchen in Norddeutschland. Auch sie wurde im Krieg stark zerstört und bis 1990 stand hier nur ihre Ruine, aber mit Hilfe zahlreicher Spenden konnte die Kirche wieder aufgebaut werden.

Der Innenbereich ist kahl und umbestuhlt, außer hohen, roten Backsteinwänden und Bögen gibt es nicht viel zu sehen. Ich finde aber, dass das durchaus seinen Reiz hat.

Am Eingang kann man für 3,- ein Ticket für die Aussichtsplattform kaufen. Das mache ich. Am anderen Ende des Kirchenschiffs befindet sich ein moderner Fahrstuhl, der mich auf 35 Meter Höhe bringt. Unterwegs halte ich ein kurzes, nettes Schwätzchen mit dem Fahrstuhlwärter. Die Aussicht lohnt!

St. Georgen Kirche Wismar

Heiligen Geist Kirche

Fast hätte ich die Heiligen Geist Kirche übersehen, denn sie wird gerade restauriert und steckt unter Baugerüst und Plane. Über den zauberhaften Innenhof komme ich aber dennoch hinein.

Das Gebäude stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und wirkt von außen eher unscheinbar. Ursprünglich diente die Spitalkirche der Betreuung von Armen, Obdachlosen und Kranken im angegliederten Hospitalbereich. Absolut sehenswert ist die alte Holzdecke im Kirchen-Innenraum, auch die Kanzel finde ich wunderschön.

Der Seiteneingang zum Innenhof, über den ich rein gekommen bin, wird übrigens in der ZDF Serie „SOKO Wismar“ als Kulisse für die Polizeistation genutzt. Ich bin völlig begeistert von diesem Innenhof. Wie eine Oase in der Stadt erscheint er mir. Im Brunnen plätschert das Wasser und die Vögel zwitschern in den Bäumen. Echt jetzt.

Ich mache es mir auf einer der Bänke gemütlich und genieße die Atmosphäre!

Krämer Strasse & Lübscher Strasse

Nomen est Omen: Schon seit dem Mittelalter ist die Krämerstraße eine der großen Einkaufsstraßen der Hansestadt. Hier befindet sich das Stammhaus der Karstadt AG, ein viergeschossiger Jugendstilbau, an der Ecke zur Lübschen Straße. 1881 eröffnete Rudolph Karstadt mit nur einem Angestellten (!) sein erstes „Tuch-, Manufactur- und Confectionsgeschäft“.

Sowohl in der Lübscher Strasse, als auch in der Krämerstraße finden sich viele sehenswerte Giebelhäuser, weshalb man unbedingt auch auf die Häuser und nicht nur die Schaufenster gucken sollte!

Tipp: Wismars Lieblinge

Unter dem Namen Wismars Lieblinge haben sich eine Reihe von kleinen, inhabergeführten Shops, Cafés und Bistros in der Altstadt von Wismar zusammengetan. Kleine Broschüren mit gleichem Namen liegen in den teilnehmenden Läden aus. Siehe auch hier.

Das Rote Haus / Gewölbe

Ein weiteres Wahrzeichen Wismars ist Das Rote Haus, auch Gewölbe genannt. Es ist ein auffälliges, zweigeschossiges, altes Fachwerkhaus, das über der Frischen Grube steht. Diese fließt unter dem Gebäude hindurch und mündet gleich danach in den Alten Hafen.

Schon 1660 wird das „Gewölbe am Wasser“ erwähnt. Die Vorsteher des Ratskellers prüften hier den Wein, der im Hafen anlandete. Heute beherbergt das Haus Gäste in drei Ferienwohnungen.

Der alte Hafen

Vom Roten Haus aus sieht man dann schon den historischen Alten Hafens.

Am Anfang des Kais steht das Alte Zollhaus von 1888, ein eindrucksvolles Gebäude, das unter Denkmalschutz steht. Wenig stilecht befindet sich darin ein italienisches Restaurant.

Eine ganze Reihe von kleineren und größeren Schiffen liegt im Hafen vor Anker. Einige verkaufen Fischbrötchen und dergl.. Etwas weiter liegt der Nachbau der Poeler Kogge, die hier ihren Heimathafen hat. Ich mache einen kleinen Rundgang auf dem Eisbrecher „Stettin“, dessen Salon noch original aus den 50er Jahren stammt. Der Seeman, mit dem ich dort schwätze, ist deutlich älter.

Am Ende des Kais befindet sich das Baumhaus, vor dessen Eingang zwei Repliken der Schwedenköpfe stehen. Früher wurde die Einfahrt des Hafens aus Sicherheitsgründen nachts mit einem langen Baumstamm versperrt, so kam das Haus zu seinem Namen.

Die dahinter liegenden Speicher wurde ab 1991 kernsaniert und Neubauten entstanden, wie beispielsweise die aufgereihten Giebelhäuser an der westlichen Kaikante. Ich finde den Stilbruch leider nicht so gelungen.

Wassertor

Zurück am Anfang des Kais laufe ich auf das im 15. Jahrhundert erbauten Wassertor zu, dem letzten (von ursprünglich fünf) erhaltenen Stadttor Wismars. Es war das einzige Hafentor, durch das man direkt vom Hafen in die Stadt gelangte. Der gotische Backsteinturm steht unter Denkmalschutz. Das Wassertor war Drehort des Film-Klassikers „Nosferatu–Eine Symphonie des Grauens“ aus dem Jahr 1921.

Hafenrundfahrt

Adler-Schiffe bietet einstündige Hafenrundfahrten an, eine schöne Gelegenheit, um die Stadt vom Wasser aus zu begucken. Vorbei am Überseehafen geht es zur längsten Seebrücke Mecklenburgs, weiter in Richtung der Insel Poel, zum denkmalgeschützten Fischerdorf Hoben und der größten Dockhalle Europas. Buchbar hier.

Lindengarten

Auf dem Weg zurück zum Bahnhof mache ich noch einen kleinen Umweg zum Lindengarten, einem hübschen, kleinen Park, wo ich noch ein bisschen die Ruhe genieße, bevor ich mich in den Zug setze, um nach Hause zu fahren.

Fazit

Meine Erwartungen an Wismar waren hoch! Und tatsächlich wurde ich nicht enttäuscht. Die Vielzahl an alten Giebelhäusern, oft in rotem Backstein, den ich so mag, in Kombination mit kleinen Kopfstein-Gassen, in denen wenig Verkehr herrschte, hat mich geradezu begeistert. Und trotz besten Sonnen-Wetters hielten sich die Touristenmassen in Grenzen. Ich habe gleich mehrere einladende Cafés entdeckt und kleine Läden mit guter Auswahl, nicht nur die großen Ketten und Handy-Shops.

Kurz: Wismar ist unbedingt eine (Kurz-)Reise wert!

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