
Nordjütland
Mit neun Monaten war ich das erste Mal in Dänemarks Norden. Es folgten (nahezu) unzählige weitere Aufenthalte, meist während der Sommerferien mit meinen Eltern. Als junge Erwachsene fuhr ich eher in der Nebensaison „hoch“, als mittel-junge Erwachsene habe ich einige Jahre pausiert, aber seit ein paar Jahren fahre ich wieder regelmäßig nach Nordjütland, meist nach Blokhus.
Zu jedem Urlaub dort „oben“ gehört ein Ausflug nach Aalborg. Immer wieder auch nach Skagen, Løkken oder zum versandeten Leuchtturm Rubjerg Knude Fyr. Ihr kennt es, oder? Die Fan-Gemeinde ist jedenfalls riesig. Falls Ihr noch nicht dazu gehört, probiert es aus!
Jütland wird oft synonym für Festland-Dänemark verwendet, es ist der westliche Teil Dänemarks, der im Süden eine 67 Kilometer lange Land-Grenze zu Deutschland hat. Sechzehn offizielle Grenzübergänge gibt es hier, aber nur einen auf der Autobahn: der Übergang zwischen Ellund und Padborg auf der A7/Europastraße 45. Umgeben ist Jütland im Westen von der Nordsee und im Osten von der Ostsee. Nordjütland ist (ach?) der nördliche Zipfel Jütlands, oberhalb des Limfjords. An der Spitze, ganz im Norden in Grenen bei Skagen, treffen sich Nord- und Ostsee.
Die herrlich breiten Sandstrände beider Meere taugen bestens für Familienurlaube mit kleinen und großen Kindern, mit Hund, für Frisch-Verliebte oder auch alleine. Nur für Leute, die ausschließlich bei 40 Grad im Schatten glücklich werden, ist das hier nichts!
Blokhus
Blokhus ist der Urlaubsort meiner Kindheit. Ein typischer Ferienort mit einer Vielzahl an Ferienhäusern, die sich dicht an dicht an die Dünen schmiegen. Alle individuell, immer mit kleinem (oder größerem) Grundstück, dass man trotz allem ein Stück Privatsphäre wahren kann.
In den 70er und 80er Jahren war der kleine Ort sehr beliebt bei deutschen Touristen. Locker die Hälfte aller Autos, die sich im Sommer morgens in Richtung Strand aufmachten und nachmittags wieder zurück, war in Deutschland zugelassen. Vereinzelt gab es ein paar Norweger und Schweden, der Rest waren Dänen, oft aus dem nahen Aalborg, die im eigenen Land Urlaub oder einen Wochenendausflug ins eigene Ferienhaus machten. Heute sind die Dänen in der Überzahl. Und das ist auch gut so!
Damals war der Ortskern verschandelt durch einen Beton-Klotz, der ursprünglich ein Hotel war, dann eine zeitlang als Flüchtlingsunterkunft diente und schließlich über Jahre leer stand und vor sich hin gammelte. Dann wurde der komplette Ortskern neu gestaltet, selbst die Straßenführung wurde verändert. Seitdem ist der Mittelpunkt des Ortes ein großer Platz mit Freilichtbühne, um den herum ein Supermarkt, kleine Geschäfte und Restaurants angesiedelt sind. Regelmäßig finden Märkte oder andere Veranstaltungen statt.
Alte Gebäude gibt es leider nur noch wenige, die meisten noch am Strandvejen.



Das mit Abstand Beste an Blokhus ist der sagenhaft breite, feine Sandstrand. Für Deutsche etwas gewöhnungsbedürftig ist die Tatsache, dass es in Dänemark erlaubt ist, mit dem Auto an den Strand zu fahren. Ich halte es für eine Frage der Gewöhnung. Ist man erstmal damit vertraut, weiß man den praktischen Nutzen mitunter durchaus zu schätzen. Viele dänische Ferienhäuser (Ferienhäuser sind die übliche Art der Unterbringung in einem Dänemark-Urlaub – Hotels gibt es nur wenige) sind für zehn Personen und mehr ausgelegt. Oft verbringen ganze Familien Generationen übergreifend oder mehrere Familien zusammen hier ihren Urlaub und pilgern täglich mit Sack und Pack an den Strand: mit Strandzelt, Windschutz, Liegestühlen, Schlauchboot, Luftmatratze, Drachen, Eimer und Schaufel, Badesachen, Wechsel-Klamotten, Picknick-Tasche, Beachball, Boule, Fußball und und und. Da ist es doch recht angenehm, wenn man mit dem Auto vorfahren kann!



Ein typisches Bild sind im Sommer die weißen Strandhäuschen. Die gibt es in Miniatur in den Souvenirläden des Ortes als Andenken zu kaufen! 47 dieser Badehäuschen sind in Blokhus von Mai bis September zugelassen.
Im Ort selbst befindet sich einer der ältesten Seenotrettungsvereine in Nordjütland. Die ehemalige Rettungsstation ist heute ein kleines Museum.


Gastrotipp: Das noble Strandingskroen und das urige Futten gleich nebenan. Die beiden Restaurants teilen sich den großen Innenhof des historischen Gebäude-Ensembles, der seit einigen Jahren bestuhlt und überdacht ist.
Strandspaziergang von Blokhus nach Rødhus



Was in keinem Urlaub fehlen darf, ist der Spaziergang am Strand entlang von Blokhus nach Rødhus (Rødhus ist ein Ferienhausgebiet, das zu Blokhus gehört) zum Rødhus Café & Isbar und zurück. Egal, wie das Wetter ist – bei Sonne, Sturm und/oder Regen (manchmal alles davon während einer Tour) – barfuß am Strand entlang, den Blick abwechselnd auf den Sand gerichtet auf der Suche nach Muscheln, Seesternen oder Loch-Steinen oder in Richtung Meer und Himmel. Es gibt so viel zu sehen! Und wenn der Wind, der selten fehlt, einen so richtig durchgepustet hat, dann hat man sich die Pommes oder das Eis, eigentlich beides, im Café so richtig verdient! 😉

Es gibt auch eine ganze Reihe an Wanderwegen, die durchs Landesinnere führen, durch Wald- und Heidelandschaft. Ebenfalls sehr empfehlenswert – besonders, wenn einem der Wind am Wasser zu heftig ist. Im Landesinneren ist es naturgemäß etwas geschützter. Oder hin am Strand und zurück durch den Wald?
Hune
Unmittelbar vor Blokhus, an der Strasse 559, liegt der kleine Ort Hune. Der hatte für mich immer ein bisschen Stiefkind-Charakter, weil er nicht am Meer liegt und auch keinen echten Ortskern hat. Nur die schnurgerade Strasse, die nach Blokhus führt. Und dorthin wollen viele (tatsächlich etwa 1 Millionen Menschen pro Jahr!). Eine Ampel wurde nötig, um den Verkehr zu regeln! Stau ist hier im Sommer fast immer!
Inzwischen hat Hune aufgerüstet. Es gibt zwei große Supermärkte, eine Kerzenfabrik und allerhand weitere Anziehungspunkte für Touristen, wie zB das Museum für Papierkunst und den Skulpturenpark. 2021 stand hier die größte Sandburg der Welt! Sie war 21 Meter hoch und hatte einen Durchmesser von 32 Metern.
Mein Highlight ist der Trödelmarkt, der sonntags entlang der Strasse stattfindet. Je besser das Wetter, desto mehr Anwohner stellen ihren Trödel vor die Tür. Immer was los ist – wetterunabhängig – in der großen Trödelscheune, wo mehrere professionelle Händler ihre alten Schätze anbieten (LEIDER DERZEIT GESCHLOSSEN – Stand 2025). Eine wahre Fundgrube! Hinter dem Haus geht es auf dem Parkplatz weiter!


Unbedingt sehenswert ist die alte Kirche von Hune. Sie wurde in einer Zeit gebaut, in der die Gemeinde sehr wohlhabend war, wie es in der Broschüre, die es auch auf Deutsch gratis im Vorraum der Kirche gibt, heißt. Die Errichtung des Schiffes, Chores und der Apsis fand 1100 statt.


Saltum Kirche
Die Lutherische Saltum Kirche liegt – wie bei den Kirchen in Nordjütlands üblich – recht einsam außerhalb des Ortes an der B55.



Die Kirche wurde um 1150 als ein romanischer Granitquaderbau mit Turm, Schiff, Chor und Apsis auf profiliertem Sockel errichtet. Der Chor war vom Schiff durch einen schmalen Triumphbogen abgetrennt. Um 1450 wurde die Kirche umgebaut Turm, Chor und Apsis wurden abgerissen. … Das ursprüngliche Schiff war recht klein. Es hatte an der Nordseite die Frauen Tür und an der Südseite die Männer Tür. Die Frauen Tür ist jetzt zugemauert, die Männer Tür wurde als Eingangstür innerhalb des Waffenhauses beibehalten. … 1912 wurden Teile des Inventars restauriert. Eine durchgreifende Restauration der ganzen Kirche fand 1959 statt, wobei auch in Ausgrabungen ihre bauliche Geschichte erforscht wurde.
Quelle: www.saltumalstrupkirker.dk
Wer sich dafür interessiert, kann sich über viele weitere Infos auf der Website freuen!



Løkken
Wie weiter oben bereits erwähnt, fand ein Großteil meiner Kindheits-Sommer in Blokhus statt. Natürlich fuhren wir dann immer auch zur Stippvisite nach Løkken. Ich muss zugeben, dass ich damals ein gewisses Konkurrenz-Denken hatte. Løkken ist etwas größer als Blokhus. Blokhus war der Underdog. Und schon deshalb besser. 😉
Heute sehe ich das – zum Glück – etwas anders. Inzwischen „darf“ es beides geben. Zum Beweis: Den Sommer-Urlaub 2025 verbringe ich erst in Blokhus und dann in Løkken! 😉
Løkken ist (objektiv) der Badeort der Westküste. Er hat 1638 Einwohner. Im Sommer sind es ungleich mehr, wenn die ganzen Ferienhäuser im und um den Ort bewohnt sind. Es gibt einen richtigen Ortskern mit mehreren (Einkaufs-) Straßen und und einem zentralen Platz mit dem schicken Badehotel und einigen Restaurants und Geschäften. Es gibt mehrere Fußgängerzonen. Zum Shoppen würde ich Løkken also klar vorziehen.



Ein Bummel durch den Ort lohnt auch ohne Shopping-Absicht. Es gibt viele kleine Gassen und Strassen mit den okker-gelben Häusern mit rotem Dach, die in Dänemark so typisch sind. Und eine große Auswahl an Hotdog- und (Soft-)Eis-Läden – natürlich ein Muss in Dänemark.
Unter dem Namen Løkken Kunst Sti führt ein sechs Kilometer langer Spazierweg durch den Ort, vorbei an mehr als 40 verschiedenen Kunstwerken – darunter 25 Wandgemälde und Skulpturen. Als Startpunkt bietet sich die Nørregade 10 beim Løkken Museum an. (Übrigens: Der Eintritt ins kleine Løkken Museum ist gratis!) Hier liegt ein gratis Stadtplan mit der eingezeichneten Route aus. Diesen gibt es aber auch online auf der Website.



Løkken ist in erster Linie für seinen tollen Sandstrand berühmt. Der Hauptzugang vom Ort zum Strand ist autofrei (es gibt zwei andere Zufahrten für Autos). Der Strand ist an dieser Stelle relativ schmal, aber mit einer Handvoll Fischkutter, die hier auf dem Sand liegen, und einer Mole, auf der Angler ihr Glück versuchen. Im Sommer wimmelt es im Wasser von Surfern der ortsansässigen Surfschule (in deren Gebäude gibt es übrigens öffentliche und kostenlose Toiletten!). Die Surfer zu beobachten macht Spaß. Das kann man auch bequem vom Liegestuhl der Bar gegenüber tun. Meine Erkenntnis ist allerdings: Es wird eher gedümpelt als gesurft! 😉



Auch Løkken hat die typischen weißen Badehäuschen. Wie eine Perlenschnur stehen sie an den Dünen aufgereiht, am Ortseingang sogar zweireihig! Auf den ersten Blick sehen sie alle gleich aus, aber das täuscht! Im Detail sind sie unterschiedlich. Und natürlich individuell eingerichtet. In den meisten Fenstern steht allerdings eine kleine dänische Fahne!



Furreby Küstenbatterie
Vom Ortsausgang Løkken in nördlicher Richtung kommt man am Strand entlang zu einer Reihe von alten, deutschen Wehrmachtsbunkern aus dem zweiten Weltkrieg. Die sind mit den Jahren vom Meer unterspült worden und aus den Dünen hinunter an den Strand gekippt. Nicht wirklich schön, aber ein interessanter Abenteuerspielplatz! In manche kommt man noch hinein!



Eine ganz interessante Auflistung der dortigen Bunker fand ich hier.
Während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg wurde Løkken zu einem deutschen Stützpunkt ausgebaut. Die meisten Bunker stammen aus dem Jahr 1941. Mit ihrer Hilfe war es möglich, diesen Küstenabschnitt mit nur wenigen Mann Besatzung zu verteidigen.
Es gibt noch viele weitere Bunker in den Außenbezirken von Løkken und der Plantage mitten in der Stadt, aber auch an anderen Orten der Küste, z.B. in Kettrup Bjerge, Nr. Lyngby (hier befand sich eine große Radarstation der deutschen Luftwaffe), Grønhøj, Lønstrup oder Skagen (dort sogar mit Bunker-Museum!).
Ich hatte Glück – bei meinem letzten Besuch lag hier ein Seehund an Land!



Rubjerg Knude Fyr
Rubjerg Knude Fyr ist eine Art Wahrzeichen Nordjütlands. Der Leuchtturm (Fyr) steht auf einer riesigen Sanddüne (Knude). Das besondere an ihm – und das haben auch viele Deutsche, die noch nie hier oben waren, im Fernsehen verfolgt – ist, dass er vor ein paar Jahren in einer spektakulären Aktion umgezogen ist.



Der Leuchtturm wurde 1900 gebaut, hinter einer damals knapp drei Meter hohen Düne. Mit den Jahren wuchs die Düne mehr und mehr, so dass man bereits in den 1950er Jahren anfing, Sand abzugraben. Allerdings mit nur mäßigem Erfolg. Schließlich war der Sand auf 50 Meter (!) Höhe angewachsen, so dass der Leuchtturm vom Meer aus nicht mehr zu sehen war. 1968 wurde er außer Betrieb genommen.

Als ich Kind war, machten wir Ausflüge zum „versandeten Leuchtturm“.
In einem der Nebengebäude gab es eine gut gehende Caféteria. Die Düne wanderte weiter und der Leuchtturm inklusive der umliegenden Gebäude versandete nach und nach (s. Bild links aus den 80er Jahren), bis sie schließlich zerfielen. Als die Düne quasi durch den Leuchtturm hindurch gewandert war, drohte dieser auf der anderen Seite ins Meer zu kippen, woraufhin man sich 2019 entschloß, ihn um etwa 80 Meter ins Landesinnere zu versetzen. Bei You Tube gibt es ein interessantes Video von dem spektakulären Umzug!
Besonders schön ist ein Besuch zum Sonnenuntergang. Beliebt ist die Steilküste an dieser Stelle bei Gleitschirmfliegern. Bestimmt ist die Aussicht aus der Luft herrlich. Es ist aber ebenfalls schön, die Szenerie inklusive Paraglidern von Land aus zu betrachten!



Es gibt zwei nicht eben kleine Besucherparkplätze. Das letzte Stück muss man zu Fuß gehen.
Direkt an der großen Düne vorbei führt übrigens der gut ausgeschilderte Hærvejen. Der Hærvejen ist einer der bekanntesten Wanderwege Dänemarks. Er verläuft von der deutschen Grenze bis nach Frederikshavn und Hirtshals. Ursprünglich war er ein alter Vieh- und Ochsenweg und folgt der Wasserscheide des jütländischen Höhenrückens. Rubjerg Knude liegt auf dessen Weg, sozusagen. Man muss ja nicht gleich die ganze Strecke am Stück laufen… 😉



Lønstrup
Lønstrup war immer mein (heimlicher) Lieblingsort in Nordjütland. Der Strand ist hier deutlich schmaler ist als in den Orten weiter südlich und die Weltkriegs-Bunker, die auch hier mit den Jahren von den Dünen heruntergefallen sind und jetzt am Strand liegen, sind eher gewöhnungsbedürftig. Aber die hier sehr steile Küste hat ihren besonderen Reiz! Leider hat sich das Meer in den letzten Jahren so sehr ins Land gefressen, dass man zum Schutz neue große Buhnen aufgeschüttet hat. Das ist zwar sinnvoll, aber nicht so schön anzusehen…



Dafür ist der kleine Ortskern selbst sehr hübsch. Die gelben Häuser sind in der Mehrheit. Eine ganze Reihe an Galerien und Kunsthandwerksläden lädt zum Bummeln ein.



Mårup Kirke
Tatsächlich gibt es die Mårup Kirke heute nicht mehr. Auch sie drohte von den Klippen zu stürzen. Es gab Überlegungen, sie – ähnlich wie den Leuchtturm – umziehen zu lassen, aber das hat sich vermutlich nicht gelohnt, bzw. es kamen Zweifel auf, ob ein Umzug tatsächlich sinnvoll sei. Durch einen Umzug würde die Kirche „ihre Seele verlieren“, hieß es. Man hat sich jedenfalls dazu entschlossen, sie abzureißen.
Die alten Grabsteine des dazugehörigen Friedhofs hat man jedoch erhalten, an einer Stelle gesammelt und (vorerst) dort belassen. Wie lange sie dort noch stehen, ist ungewiss, denn die Abbruchkante der Steilküste rückt immer näher.
Auf dem Friedhof waren übrigens nicht nur die lokalen Verstorbenen begraben, sondern auch 226 britischen Seeleute, die 1808 bei der Strandung ihres Schiffes „The Crescent“ ihr Leben bei Mårup verloren hatten. An sie erinnert(e) der Anker, der von ihrem Schiff geborgen wurde.



Ein toller Wanderweg (der weiter oben bereits erwähnte) führt an der Steilküste entlang zu Rubjerg Knude Fyr!
Sæby
Auf der Ostsee-Seite liegt das hübsche, kleine Städtchen Sæby. Sæby sei „die Perle der Ostküste“, hab ich gelesen. Mein Eindruck: Stimmt!
„Der alte Stadtkern ist ein wahres Juwel mit gemütlichen Pflasterstraßen und offenen Plätzen, alten idyllischen Häusern, lokalen Kunsthandwerkern und nicht zuletzt der wunderschönen Wassermühle am Sæby Å. Die pure Idylle zum Schlendern und Ausspannen,“ sagt Enjoy Nordjylland.
Am stimmungsvollen Yachthafen thront Die Frau vom Meer (dän. Fruen fra Havet), eine von der norwegischen Künstlerin Marit Benthe Norheim entworfene Galionsfigur aus weißem Beton. Sie ist von Henrik Ibsens gleichnamige Theaterstück inspiriert, das er nach einem Aufenthalt in Sæby geschrieben hat.
Direkt um den Hafen gibt es gleich mehrere große Parkplätze. Von hier kann man bequem zu einem Bummel durch den Ort starten.

Der alte Stadtkern ist ein wahres Juwel mit gemütlichen Pflasterstraßen und offenen Plätzen (besonders nett finde ich den Klostertorvet) und alten idyllischen Häusern. Die typischen gelben Häuser mit roten Dächern überwiegen. Dänemark wie aus dem Bilderbuch!
Algade und Strandgade bilden das Herz von Sæby-Altstadt. Hier scheint es ein wenig, als ob die Zeit stehen geblieben sei. Besonders hübsch ist das Rathaus aus dem 17. Jahrhundert, aber auch die kleinen Wohnhäuser und die wunderschön erhaltenen historischen Gebäude, wie z.B. das alte Hospital und Armenhaus aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, sind sehenswert. Ein paar kleine Geschäfte und Galerien beleben die Atmosphäre.



Von überall in der Stadt gut sichtbar ist der Turm der Marienkirche (dänisch Vor Frue). Sie ist ein Überbleibsel eines Karmeliterklosters, stammt etwa aus dem Jahr 1400 und wurde später mehrfach erweitert. Es lohnt sich in meinen Augen unbedingt einen Blick ins Innere der Kirche zu werfen. Das gesamte Gewölbe ist mit Kalkmalereien aus dem 15. Jahrhundert verziert. An der Orgelempore sind Bilder der zwölf Apostel dargestellt. Die Orgel selbst ist neueren Datums, sie stammt von 1983.



Moderner wird es in der Fußgängerzone Vestergade mit einigen Bekleidungsgeschäften und Gastronomiebetrieben. Ich kann übrigens dringend die belegten Brote vom Slagter Tranholm empfehlen! Die werden frisch „auf Zuruf“ zubereitet und sind super-lecker! Ich bestelle eins für unterwegs und setze mich damit auf eine der vielen Bänke am Ufer des Flüsschens Sæby Å. Nebenan spielt eine Seniorengruppe Crocket. Zauberhaft! 😉
Unterwegs dort hin liegt die schöne alte Fachwerkmühle aus dem Jahre 1710. Sie ist sowas wie die Hauptsehenswürdigkeit des Ortes – zumindest, wenn man sich an den Postkarten-Motiven orientiert. Ursprünglich gehörte sie zum Schloss Sæbygård, das etwas außerhalb des Ortes liegt (sehr sehenswert!). Heute ist sie privat bewohnt und kann nur von aussen betrachtet werden.



Der Nordstrand, der gleich hinter der kleinen Brücke am Hafen beginnt, eignet sich perfekt für lange Spaziergänge und/oder zum (sonnen-)baden.
Råbjerg Mile
Etwa 30 Kilometer vor Skagen befindet sich an der B40 der Abzweig Richtung Kandestederne (mit Zufahrt zum Strand). Hier geht es zu Råbjerg Mile, der höchsten Wanderdüne Dänemarks. Der Weg ist ausgeschildert, es gibt einen großen Besucherparkplatz.
Die Düne ist 40 Meter hoch, besteht aus 3,5 Millionen Kubikmetern Sand und bedeckt eine Fläche von etwa zwei Quadratkilometern. Dieser „Koloss“ bewegt sich jedes Jahr 15 Meter Richtung Nordost, und es ist voraussehbar, dass die Straße nach Skagen irgendwann komplett von Sand bedeckt sein wird.


Die ganze Gegend um Skagen herum wird seit jeher vom Sandtreiben geplagt. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Den Tilsandede Kirke (dt. versandete Kirche), die „dem ewigen Sand zum Opfer“ fiel.
Den Tilsandede Kirke
Kurz vor Skagen lohnt sich also ein Stop bei der Tilsandede Kirke. Sie ist die Ruine einer im 14. Jahrhundert auf einer Sanddüne erbauten Kirche im gotischen Stil, der Sankt Laurentii Kirke.
Nachdem man 20 Jahre lang immer immer wieder erfolglos versucht hatte, ein Versanden zu verhindern, entschloss man sich bereits im Jahr 1805 das Kirchenschiff abzureißen. Der Turm sollte als Seezeichen erhalten bleiben. Tatsächlich hat er bis heute dem rauen jütländischen Wetter getrotzt und kann von außen und auch von innen (!) besichtigt werden.


Über eine sehr enge Wendeltreppe (nichts für klaustrophobisch veranlagte Menschen!) kommt man in die oberen Geschosse. Die herrliche Aussicht belohnt für den herausfordernden Aufstieg (herausfordernd nicht wegen der Höhe, sondern der Enge).
Übrigens: die Ziegel, die ursprünglich für den Bau verwendet wurden, stammten zum Teil aus Schottland und den Niederlanden.
Mit Hilfe moderner Vermessungstechniken konnte man die Reste des begrabenen Kirchenschiffes ausfindig machen. Holzpflöcke markieren die Umrisse.

Skagen
Skagen liegt also an der Nordspitze Dänemarks. Der Ort besteht hauptsächlich aus kleinen, ocker-gelben Häusern mit roten Dächern. Zauberhaft! Ein Bummel durch die vielen, kleinen Straßen und Sträßchen lohnt unbedingt. Es gibt eine ganze Reihe an sehenswerten Geschäften, Boutiquen und Galerien. Im Havnevej und Skolevej reihen sich ein Café/Restaurant ans nächste.
Skagen hat einen der größten Fischereihäfen des Landes. Neben dem Tourismus ist die Fischerei immer noch der wichtigste Wirtschaftszweig der Stadt. Neben Fischerbooten legen hier auch Kreuzfahrtschiffe an. Folgerichtig befinden sich rund um das alte Hafengebiet zahlreiche Restaurants und Souvenirläden.



Skagen ist für sein magisches Licht bekannt. Dieses besondere Licht ist der Grund dafür, dass sich Ende der 1870er Jahre eine Künstlerkolonie um die „Skagen-Maler“ Peder Severin Krøyer, Michael Ancher und Holger Drachmann gebildet hat. Im Ort gibt es ein ganz wundervolles Museum, dass sich den Bildern dieser Maler widmet, das Skagens Museum. Ich kann es auf das Heftigste empfehlen!
Die Motive ihrer Bilder stammen größtenteils aus der Natur und ihrem Lebensalltag, wie z.B. Fischer bei der Arbeit. Wie so häufig sind es eher die männlichen Mitglieder, deren Namen man kennt, dabei gehörte z.B. auch Ancher Frau Anna zum „inner circle“.
Nur einen Katzensprung entfernt, im Markvej, ist das Ancher Hus erhalten, das Wohnhaus von Michael und Anna Ancher und ihrer Tochter Helga. Es umfasst auch deren Atelierräume. Nach dem Tod Annas im Jahr 1935 blieb das Haus im Original-Zustand erhalten. Als die Tochter Helga 1964 verstarb, wurde das Haus mitsamt der enthaltenen Gemälde restauriert und 1967 als Museum erföffnet.



Etwa zwanzig Minuten stadtauswärts, im Markvej 2, befindet sich das Drachmanns Hus. Das Haus, in dem Holger Drachmann in den Jahren 1902-1908 lebte, beherbergt über 150 Zeichnungen und Gemälde, die meisten von Drachmann selbst, aber auch anderen Skagen-Malern.
„Drachmann war einer der meist besprochensten Dichter Dänemarks in dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Er war ein großer Mann, häufig gekleidet mit seinem braunen Mantel und exotischen Hüten. Er erlangte große Anerkennung in ganz Europa und war äußerst produktiv und eklektisch. Drachmann alternierte stetig zwischen seiner Position innerhalb der Modernen Durchbruchsbewegung, seiner Berufung als romantischer Dichter und seiner Tätigkeit als reisender Journalist. Er hatte sechs Kinder von drei unterschiedlichen Frauen, jedoch ging er nur mit zwei den Ehebund ein. Zudem pflegte er auch verschiedene Beziehungen zu anderen Frauen. Holger Drachmann wurde ursprünglich als Marinemaler ausgebildet. Er wurde 1846 in Kopenhagen geboren und 1869 an der Royal Danish Academy of Fine Arts angenommen, wo er im gleichen Jahr in der Frühjahrsausstellung debütierte. In der gleichen Zeit begann er auch zu schreiben. Neben seinem Erfolg als Dichter setzte er auch sein künstlerisches Schaffen stetig fort. Im Jahr 1872 reiste er das erste Mal nach Skagen und kehrte dorthin immer wieder zurück, bis er sich 1902 ganz dort niederließ. Drachmann starb am 14. Januar 1908 in Hornbæk und wurde zwölf Tage später in den Dünen von Skagen Grenen beigesetzt, wo sein Grab noch heute besucht werden kann.“ (Quelle: Skagens Kunstmuseen)
Es gibt ein Kombiticket für alle drei Museen.



Etwas außerhalb in nördlicher Richtung befindet sich am Bøjlevejen 66 das Odde Nature Center. Es bietet eine Ausstellung zur Entstehung der Landzunge und der Charakteristika der einzigartigen Landschaft dort oben. Leider war es bisher immer geschlossen, wenn ich dort war, so dass ich nichts über die Ausstellung sagen kann.
Aber das Gebäude ist aus architektonischer Sicht interessant. Es stammt vom dänischen Star-Architekten Jørn Utzon, dem auch ein Teil der Ausstellung gewidmet ist. Jørn Utzon ist vor allem berühmt für seinen Entwurf des Sydney Opera House. 2003 wurde er mit dem Pritzker-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Utzon wuchs in Aalborg auf, wo es das äußerst sehenswerte Utzon Center gibt, seinen letzten Gebäude-Entwurf, bevor er 2008 starb.

Grenen
Wenn man Skagen in nördlicher Richtung gen Grenen verläßt, sieht man schon von weitem den Leuchtturm Det Grå Fyr (dt. der graue Leuchtturm). Mit 46 Metern ist er (seit 1952 nur noch) der zweithöchste Leuchtturm Dänemarks. Er wurde 1858 nach dem Entwurf des Architekten Niels Sigfred Nebelong gebaut. Eine 210-stufige Wendeltreppe führt auf eine Plattform mit Aussicht auf Kattegat und Skagerrak und den Ort Skagen. Der Eintritt kostet 85 DKK (Stand 2025). Mehr Infos, z.B. zu Öffnungszeiten, gibt es au der Website.

Jetzt also nach Grenen, dem nördlichsten Zipfel der Halbinsel. Hier fließen Nord- und Ostsee zusammen. Natürlich sind Fotos mit einem Bein in der Ostsee und einem in der Nordsee sehr beliebt…


Am Skagen Bunkermuseum gibt es einen riesigen (kostenpflichtigen) Parkplatz. Von dort sind es etwa 20-30 Minuten zu Fuß am Strand entlang. Alternativ kann man sich im Sommer vom Sandormen (dt. Sandwurm), einem Traktor mit Anhänger, fahren lassen. Der Spaß kostet hin und zurück ca. 40DKK (ca. 5 €). Tickets gibt es direkt am Parkplatz oder im Wagen (dort allerdings nur bar).

Das dänische Ferienhaus
Die typische Art in Dänemark Urlaub zu machen ist ein Ferienhaus zu mieten. (Ja, ich weiß, es gibt auch eine Camping-Fraktion.) Entlang den Küsten gibt es massenhaft reine Ferienhaus-Gebiete. Die Qualität der Häuser ist sehr unterschiedlich, aber was fast alle gemeinsam haben ist, dass sie auf recht großen Naturgrundstücken stehen, sei es in der Heide, auf Dünengrund oder im Wald. Viele bieten Meerblick, (mindestens) eine Terrasse, eine Sauna oder – immer mehr – einen (Whirl-) Pool. Oft sind die Dächer mit Gras bewachsen, so dass sie sich unauffällig in die Landschaft einfügen.



Tatsächlich war ich noch nie in einem dänischen Ferienhaus, das nicht gemütlich (hygge?) gewesen wäre. Dennoch sollte man sich als „Neuling“ auf ein paar Besonderheiten einstellen.
Die meisten dänischen Ferienhäuser haben kleine, eher funktionale Schlafzimmer, die tatsächlich nur zum Schlafen taugen. Selten mit Fernseher, manche sogar ohne Kleiderschrank und oft sind die Wände so dünn, dass man ungewollt teilhaben kann/muss an Gesprächen im Nachbarzimmer. Dafür gibt es oft viele Schlafplätze, Häuser für bis zu 12 Personen sind keine Seltenheit!
Eine weitere Besonderheit ist, dass die Duschen meist ebenerdig sind. Was erstmal praktisch erscheint, kann unangenehm werden, wenn nach jedem Duschen das Bad unter Wasser steht. Das habe ich oft erlebt. Nicht tragisch, aber man sollte es vorher schon mal gehört haben, finde ich.
Toll ist hingegen, dass fast alle Häuser sehr familienfreundlich sind. Viele haben Sandkästen, Schaukeln und Hochstühle. Die gängigen Ferienhaus-Vermieter haben sehr aussagekräftige Internet-Auftritte, wo das gesamte Inventar aufgelistet ist, sodass man sich vorab bestens informieren kann.
Häuser ohne Terrasse und/oder Garten lassen sich in ganz Nordjütland vermutlich an einer Hand abzählen.



Und dann geht es mit Sack und Pack durch die Dünen zum Strand. Alternativ packt man Kind und Kegel (oder was man sonst so dabei hat) ins Auto.


Ferienhaus-Anbieter mit großer Auswahl sind z.B. Feriepartner, Novasol oder DanSommer.


5 Comments
Arne
Auch wieder ein sehr schöner Beitrag, Frieda!
Allerdings hat Hune durchaus so etwas wie einen historischen Ortskern, auch wenn dieser recht klein ist.
Er ist bei der Kirche, welche Du unbedingt in Deinen Blog aufnehmen solltest, falls Du mal wieder dort bist.
admin
Danke, Arne, für den positiven Kommentar und den Hinweis zu Hune. Ich werde bei meinem nächsten Besuch besonders auf die Kirche in Hune achten, das ist mal klar!
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