Holstentor Lübeck

Ein Tag in Lübecks Altstadt

Im Oktober 2024 habe ich das Glück, einen Tag im schönen Lübeck verbringen zu können. Als Kind war ich häufiger in der Hansestadt, hatte aber mit den Jahren vergessen, wie attraktiv sie ist. Jetzt weiß ich es wieder! 😉 Und möchte Euch teilhaben lassen.

Vorab ein paar Fakten zur Stadt:

  • Lübeck ist einwohnermäßig (nach Kiel) die zweitgrößte oder flächenmäßig die größte Stadt Schleswig-Holsteins, je nachdem. 
  • Sie liegt am Fluß Trave, die die Stadt mit der Ostsee verbindet. 
  • Travemünde ist übrigens ein Stadtteil von Lübeck, heißt: In nur zwanzig Minuten kann man von hier an der Ostsee sein!
  • Ihre Gründung geht zurück ins Jahr 1143. 
  • Große Bedeutung hatte Lübeck als Hauptort der Hanse, im 13. und 14. Jahrhundert zählte sie zu den wichtigsten Städten Nordeuropas. 
  • Seit 1987 gehört die Altstadt zum Welterbe der UNESCO. Die Altstadt liegt auf einer Insel, ist also komplett von Wasser umgeben. 
  • Auf der Altstadtinsel leben rund 16.000 der insgesamt rund 220.000 Einwohner.
  • Besonders hervorzuheben ist die typisch nordische Backsteinarchitektur, zauberhafte Gründerzeithäuser prägen das Stadtbild! 
  • Lübeck trägt den Beinamen „Stadt der 7 Türme“ (die zu den fünf gotischen Hauptkirchen gehören, zwei davon mit Doppeltürmen).
  • 15 Museen hat die Stadt zu bieten (Regen stellt also kein Problem dar).
  • Berühmt ist die Stadt natürlich auch für sein Marzipan.
  • Mit den Nobelpreisträgern Thomas Mann, Willy Brandt und Günter Grass hat die Stadt gleich drei berühmte „Kinder“ (sie sind entweder hier geboren oder haben einen Teil ihres Lebens hier verbracht)
  • Kurz: Mit ihrer überschaubaren Größe ist Lübeck das perfekte Ziel für einen Wochenendtrip!

Im Touristenbüro ergattere ich einen „Stadtplan Lübeck mit Stadtrundgang“. Da scheint mir alles Wesentlich enthalten zu sein, also folge ich der vorgeschlagenen Route. Vom Hauptbahnhof geht es über die Puppenbrücke zur Hauptattraktion Lübecks, dem Holstentor.

Die Puppenbrücke war Lübecks erste Steinbrücke. Alle Figuren auf der Brücke haben symbolische Bedeutung: Flussgott, Krieger, Eintracht, Friede, Freiheit, Vorsicht, Neptun und Merkur. Die Figuren auf der Brücke sind Nachbauten, die Originale befinden sich seit 1984 im St.-Annen-Museum.

Die Brücke bringt mich geradewegs in die Lübecker Altstadt…

Holstentor

Dort empfängt mich das bekannteste Bauwerk der Stadt: das Holstentor. Das Stadttor ist nicht nur ein Musterbeispiel der bereits erwähnten Backsteinarchitektur, es ist auch das Markenzeichen von Lübecks erfolgreichstem Export-Schlager, dem Niederegger Marzipan.

Das Wahrzeichen Lübecks stammt aus dem Jahr 1478. Ursprünglich war es Teil der Stadtbefestigung, die insgesamt vier Holstentore hatte. Heute existieren davon nur noch dieses eine Holstentor und das Burgtor.

Im Inneren des Tors befindet sich das Stadtgeschichtliche Museum. Der Eintritt kostet 12,- Euro für ein Tagesticket oder 16,- Euro für ein Zwei-Tagesticket (Stand Oktober 2024), erhältlich vor Ort am Schalter oder online hier. Toll ist: Das Ticket gilt auch für das Buddenbrookhaus (ACHTUNG! Wird z.Zt. renoviert!), das Günter Grass-Haus, die Katharinenkirche, das Museum Behnhaus Drägerhaus, das Museum für Natur und Umwelt, das Museumsquartier und die Kunsthalle St. Annen, sowie die Sammlung Kulturen der Welt.

Für die Älteren hier noch zur Erinnerung: Das Holstentor war „damals“ auf dem 50,- DM Schein abgebildet. Wissen alle noch, oder? 😉 (Der „Tradition“ blieb die Notenbank treu: Auch einige 2-Euro-Münzen zeigen das Holstentor.)

Salzspeicher

Gleich neben dem Holstentor befinden sich die alten Salzspeicher, eine Reihe von Lagerhäusern aus der Zeit zwischen 1579 und 1745. Ursprünglich wurde hier Salz gelagert, das über die Alte Salzstraße, eine Handelsstrasse zwischen Lübeck und Lüneburg, in die Stadt zur Verschiffung nach Skandinavien kam. Später wurden hier auch Korn und Holz gelagert. Heute befindet sich hier das attraktive Modehaus Heick & Schmaltz.

Die Salzspeicher waren übrigens Drehort für den Film-Klassiker Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens aus dem Jahr 1922 (und das Remake von 1979). Für Interessierte sei noch erwähnt, dass die Dreharbeiten zu Nosferatu im Juli 1921 in Wismar begannen, z.B. mit Aufnahmen vom Wismarer Marktplatz mit der Wasserkunst (die Eröffnungsszene), dem Wassertor und dem Hafen, siehe auch hier.

Über die Holstenbrücke geht es weiter in die Altstadt und Richtung Marktplatz.

Marktplatz mit Rathaus

Der Marktplatz liegt im Herzen der Altstadt, eingerahmt von den beeindruckenden Gebäuden des Rathauses. Hier findet montags und donnerstags ein Wochenmarkt mit frischen Blumen, Obst und Gemüse und sonstigen Lebensmitteln statt, im Dezember einer der schönsten Weihnachtsmärkte Deutschlands.

Mitten auf dem Platz steht der Kaak, ursprünglich der Pranger. Später wurde er immer wieder „umfunktioniert“, z.B. als Butterbude für den Verkauf von Butter. Heute dient er an Markttagen als Verkaufsstand für Obst und Gemüse; während des Weihnachtsmarktes wird hier Punsch ausgeschenkt.

Das Rathaus zählt zu den ältesten und schönsten Rathäusern des Landes. Die frühesten Teile des eindrucksvollen Gebäudeensembles stammen aus dem 13. Jahrhundert. Im Laufe der Jahre wurden jedoch ständig Erweiterungen in den unterschiedlichen Epochen und Baustilen dazu gebaut.

Übrigens: Die runden Löcher oben in den Ziermauern sollen den Wind brechen und die Fassade vor zu starkem Winddruck schützen.

Café Niederegger

Zum Frühstück gönne ich mir einen echten Klassiker: Das Stammhaus des Café Nideregger, berühmt für sein Marzipan. „Das Café ist eine Lübecker Institution“, heißt es selbstbewußt auf der Internetseite des Unternehmens. Und damit haben sie wohl recht. Es existiert bereits seit 1806!

Das Café befindet sich im ersten Stock des Nideregger-Hauses in der Breite Strasse, vis-à-vis zum Rathaus und mit bester Aussicht dorthin.

Selbstverständlich gibt es auf der Frühstückskarte auch ein Marzipan-Frühstück. Ich entscheide mich allerdings für das Englische Frühstück, mit dem ich sehr zufrieden bin.

Klassischerweise geht man zu Niederegger eigentlich eher am Nachmittag auf ein Stück Nuss-Sahnetorte im Marzipanmantel und eine Tasse Marzipan-Tee. Ich kann allerdings auch das Frühstücksangebot empfehlen. Das Essen ist lecker, die Aussicht (wie erwähnt) großartig und der Service ausgesprochen freundlich und professionell. Mir gefällt auch, dass hier wirklich alles mit Holstentor-Logo versehen ist – vom Zuckerstück und der Serviette über den Teelöffel bis hin zum Geschirr.

Wer davon nicht genug bekommen kann, dem sei gesagt, dass es all das auch im Ladengeschäft im Erdgeschoss käuflich zu erwerben gibt. Und selbstverständlich alles, was es aus Marzipan so gibt!

Angeschlossen ist ein kleines Marzipan Museum.

Öffnungszeiten: täglich 9 – 19 Uhr (Wochenende bis 18 Uhr). Mehr Infos oder für Reservierungen: hier.

Gleich auf der gegenüberliegenden Strassenseite befindet sich das Niederegger-Arkadencafé, im Sommer mit Plätzen draußen (zur Breite Strasse und auf dem Marktplatz).

Marienkirche

Gestärkt geht es nach dem Frühstück für mich mit der Sightseeingtour weiter. Das nächste Highlight liegt gleich nebenan, die Marienkirche (ev.).

Die St. Marien Kirche in Lübeck, wie sie offiziell heißt, gilt als die „Mutterkirche der Backsteingotik“ und Hauptwerk des Kirchenbaus im gesamten Ostseeraum. Sie war Vorbild für fast 70 Kirchen, wie zum Beispiel die Nikolaikirche in Wismar (vgl. hier) und Stralsund.

Sie wurde im 13. Jahrhundert gebaut. Ihr Doppelturmpaar ist 125 Meter hoch und Teil der „Sieben Türme“, für die Lübeck bekannt ist.

Auch das Innere ist prachtvoll, besonders bemerkenswert sind die farbenfrohen Glasfenster, die biblische Szenen darstellen, und die Astronomische Uhr.

Diese stammte ursprünglich aus dem Jahr 1566 und stand hinter dem Hochaltar. Leider wurde sie im zweiten Weltkrieg vollständig zerstört, nur ein Zifferblatt ist original erhalten. 1967 baute der Lübecker Uhrmacher Paul Behrens die Neue Astronomische Uhr, die in der Totentanzkapelle zu sehen ist. Um 12 Uhr mittags erklingt ein Glockenspiel und die Figuren setzen sich in Gang. (Eine andere, sehr eindrucksvolle Astronomische Uhr gibt es in Prag, siehe hier.)

Der Marienkirchhof rund um die Kirche ist besonders hübsch. Umgeben vom Rathaus, dem Kanzleigebäude und dem Marienwerkhaus (heute das Gemeindehaus) bekommt man den Eindruck, als sei die Zeit hier stehen geblieben.

Übrigens: Angeblich hat der Teufel beim Bau der Kirche mitgeholfen – in der irrigen Annahme, es handele sich um den Bau einer Kneipe. Zur Erinnerung an diese Geschichte sitzt im Kirchhof ein kleiner Teufel.

Mengstrasse

Weiter geht es zur Mengstrasse, die sich an den Marienkirchhof anschließt. Sie verbindet die Breite Straße mit dem Trave-Ufer auf Höhe der gegenüberliegenden Musik- und Kongresshalle.

Hier gibt es einige unter Denkmalschutz stehende Häuser, wie etwa Nr. 6 und Nr 8 (die Wehde, das Pastorat der Marienkirche), Nr. 50 (Schabbelhaus, s.u.) und weitere mehr.

Buddenbrookshaus

Das bekannteste Haus der Mengstrasse ist das Buddenbrookhaus in Nr. 4, am oberen Ende der Strasse. Leider ist davon nur die Fassade erhalten. Das repräsentative, klassizistische Haus gehörte den Großeltern des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann. Dieser wurde 1875 in Lübeck geboren und verbrachte seine Kindheit in der Stadt.

Auch sein berühmter Roman Die Buddenbrooks aus dem Jahr 1901 spielt hier. Er erzählt die Geschichte einer wohlhabenden Lübecker Kaufmannsfamilie, deren Fall und die Veränderungen in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Das Buch gilt als der wichtigste deutsche Gesellschaftsroman.

Heute befindet sich in der Mengstrasse 4 ein Museum. Dieses wird allerdings gerade (Stand 2024) renoviert wird und ist derzeit leider geschlossen.

Im unteren Bereich der Mengstrasse ist ein Ensemble von alten Giebelhäusern zu beiden Seiten der Straße erhalten geblieben, während drum herum alles 1942 beim Luftangriff auf Lübeck zerstört wurde.

Schabbelhaus

In Hausnummer 48/50 befindet sich das Schabbelhaus, zwei Bürgerhäuser im Stil der Backsteinrenaissance. Das Haus ist benannt nach seinem Stifter, dem Bäcker und Konditor Heinrich Schabbel.

Dieser kam durch die Erfindung der Hanseaten zu Geld, einem norddeutschen Gebäck aus zwei runden, mit rot und weißem Zuckerguss bestrichenen Plätzchen aus Mürbeteig und gezackten Rändern. Ich liebe Hanseaten!

Heinrich Schabbel jedenfalls hinterließ der Stadt einen Batzen Geld, damit ein Museum eingerichtet werden konnte, zur Dokumentation der Lübecker Bürgerhäuser und ihrer Einrichtung im 17. bis 19. Jahrhundert.

Das ursprüngliche Schabbelhaus in der Mengstraße 36 wurde bei dem Bombenangriff zerstört. Danach zog das Museum in das Doppelhaus Mengstraße 48/50, wo es heute ist.

Übrigens: Auch Wismar hat ein Schabbelhaus (siehe hier)

Die Mengstrasse mündet in die Uferstrasse An der Untertrave. Hier befindet sich der Museumshaffen.

Museumshafen

Im Museumshafen liegen gut 20 liebevoll restaurierte Segelschiffe und andere historische Wasserfahrzeuge vor Anker. Eine Übersicht der dort zu sehenden Schiffe gibt es auf der Website des Museumshafens. Dass zum Beispiel die Rixdorf auf dem Foto unten 1935 als Motorschlepper und Werkstattschiff für die Kanalverwaltung des Dortmund-Ems-Kanals gebaut wurde, habe ich dort nachlesen können.

Am gegenüberliegenden Ufer auf der Wallhalbinsel sieht man die MuK, die Musik- und Kongresshalle, liegen. Der moderne Mehrzweckbau stammt vom Architekten Meinhard von Gerkan aus dem Jahr 1994.

Lübecker Gänge

Für mich geht es nach einem kurzen Stück am Ufer wieder stadteinwärts über die Engelsgrube. Die Strasse führt vom Trave-Ufer zur Jakobi Kirche in die Breite Strasse.

Besonders toll sind hier – neben den vielen, schönen Renaissance-Backsteinhäusern die Hinterhöfe, die Gänge. In Hausnummer 21 zum Beispiel befindet sich der Spinnradmacher Gang oder in Nummer 43 der Bäcker-Gang oder in Nummer 31 der Sievers Thorweg.

Es gibt massenhaft weitere, nicht nur hier, auch z.B. in der Parallelstrasse Fischergrube und an anderen Stellen, zum Beispiel am südlichen Ende der Strasse An der Obertrave. Sie sind über die gesamte Altstadt verteilt. Wenn man nichts von ihrer Existenz weiß, kann man sie glatt übersehen, weil die Eingänge so schmal und unauffällig sind. Wenn man aber auf sie achtet, kann man ganz viele entdecken. An die 90 sind es!

Durch den Aufstieg zur Hansestadt stieg die Einwohnerzahl Lübecks damals sprungartig an und der Wohnraum innerhalb der Stadtmauern wurde knapp. Das hatte zur Folge, dass in den hinteren Teilen der Grundstücke der herrschaftlichen Häuser schmale, niedrige Häuschen (Buden) für die armen Leute (auch die Angestellten der Läden aus den Vorderhäusern) gebaut wurden. So entstanden die Höfe- und Gängeviertel in Lübeck.

Heute hat sich das komplett gewandelt. Die kleinen Häuser sind längst liebevoll renoviert und eine heiß begehrt. In den Höfen stehen oft Holzbänke und Tische mit Blumenkübel, nicht selten mit Wimpelketten geschmückt. Die vielen Hinweisschilder mit „Hier bitte nicht hinpinseln“ oder „Wir WOHNEN hier“ oder „Diese Bank ist privat“ lassen erahnen, was die Kehrseite für die Bewohner ist…

Einige weitere schöne Gänge sind der Schornsteinferger-Gang in der Hundestr. 50, der Blohms Gang An der Obertrave 50, der Von-Höveln-Gang in der Wahmstr. 75 oder der Füchtings Hof in der Glockengießerstr. 25. Das ist aber nur eine kleine Auswahl, wie gesagt. Mir hat es viel Spass gemacht, immer weitere Gänge zu entdecken. Also: Augen auf!

Einen interessanten Artikel dazu findest Du hier.

Schiffergesellschaft

Am Kopfende der Engelsgrube liegt das Traditions-Restaurant Schiffergesellschaft.

Auf deren Website heißt es: „Seit jeher versteht sich das ehemalige Gildehaus in der Breiten Straße als geselliger Ort der Begegnung. Die Lübecker Schiffergesellschaft entstammt den Anfängen der kommerziellen Seefahrt und war ursprünglich für alle Schiffer der Hansestadt verpflichtend. Mit dem Erlöschen der Beitragspflicht entstand vor rund 150 Jahren das, was die Schiffergesellschaft heute ist: Ein traditionelles, hanseatisches Restaurant mit moderner Küche und historischem Ambiente. Wir erwarten Sie in gemütlichen Gasträumen, in denen der Geist vergangener Seefahrer bis heute weiterlebt.“

Damit ist (fast) alles gesagt, oder?

Später komme ich hier hin zurück und esse zu Abend. Klar, hier geht es natürlich sehr touristisch zu. Ein Geheimtipp ist die Schiffergesellschaft definitiv nicht. Trotzdem bin ich regelrecht entzückt von Interieur, Essen und Service. Rundum ein Klassiker.

St. Jakobi Kirche

Genau gegenüber liegt unübersehbar die hübsche Jakobi Kirche (ev.). Ihr 112 Meter hoher Turm ist einer der Sieben Türmen Lübecks. Interessanterweise blieb die Jakobi Kirche als eine der wenigen Lübecker Kirchen während des Bombenangriffs 1942 unbeschädigt, so dass sich hier die letzten zwei historischen Orgeln Lübecks befinden.

Die Kirche und das nebenan liegende Heiligen Geist Hospital sind Stationen auf einem Zweig des Jakobswegs.

Engelsgrube mit Blick auf Jakobi Kirche
Engelsgrube mit Blick auf die Jakobi Kirche

Heiligen Geist Hospital

Linke Hand hinter der Jakobi Kirche befindet sich am Geibelplatz das Heiligen Geist Hospital. Es ist sehr bekannt, aber ich muss zugeben, dass ich vor meinem jetzigen Besuch in Lübeck nie davon gehört hatte. Umso begeisterter war ich allerdings davon.

Das ist ja häufig so – an das, was man kennt, knüpft man große Erwartungen, die dann nicht selten enttäuscht werden. Aber das, was man unerwartet „entdeckt“, erreicht einen um so mehr. So zumindest in diesem Fall.

Das Krankenhaus stammt aus dem Jahr 1286. Damit ist es eine der ältesten bestehenden Sozialeinrichtungen der Welt. Und ganz nebenbei eines der bedeutendsten Monumentalbauwerke des Mittelalters überhaupt. Von außen wirkt es auf mich zwar attraktiv, aber doch eher unscheinbar im Schatten der großen Jakobi Kirche.

Da es den Hansestädtern wirtschaftlich gut ging, konnten sie es sich leisten in wohltätige Einrichtungen zu investieren. So kam es, dass reiche Bürger das Heiligen-Geist-Hospital im Jahr 1286 stifteten. Es konnte zunächst bis zu 100 Kranke aufnehmen, spätere Erweiterungen erhöhten diese Zahl noch. Ursprünglich wurde es für die Krankenpflege genutzt, später auch als Altenheim.

Zunächst betritt man die Hallenkirche, die umbestuhlt und eher karg wirkt, aber viele schöne Details hat. Guckt Euch nur mal die hölzerne Wendeltreppe an!

Von der Kirche kommt man in die große Halle. Im 19. Jahrhundert wurden die dort zuvor in Viererreihen stehenden Bettenreihen entfernt und durch kleine, hölzerne Zimmer („Kabäusterchen„), mit nach oben offenen Wänden ersetzt, wodurch mehr Privatsphäre geschaffen wurde.

Noch was Tolles: Der Eintritt ist kostenlos!

In den Kammern des Langhauses und der Kirchenhalle findet heute übrigens jedes Jahr ein Kunsthandwerker-Weihnachtsmarkt statt.

Im Kellergewölbe befindet sich das Restaurant „Lübecker Kartoffelkeller„.

Burgtor und Burgkloster

Über die große Burgstrasse komme ich zum Burgtor, das neben dem Holstentor einzig erhaltene Stadttor der alten Stadtbefestigungsanlage. Es ist im spätgotischen Stil erbaut und hat seinen Namen nach der alten Lübecker Burg, die 1227 zum Burgkloster umgebaut wurde.

Das Burgkloster war ursprünglich von Augustiner-Eremiten bewohnt und ist ein weiteres Beispiel für die eindrucksvolle Backsteingotik. Heute befindet sich hier ein Museum, das die Geschichte der Stadt und ihrer Architektur präsentiert. Mir gefällt, wie die sehr modernen Elemente des Museums in den alten Baubestand integriert wurden. Äußerst geschmackvoll!

Die Atmosphäre hier ist angenehm ruhig, es gibt gleich mehrere schöne Innenhöfe mit Bänken und Skulpturen und eine Aussichtsplattform mit Blick auf die Trave und die unter Denkmalschutz stehende Hubbrücke (Marstallbrücke).

Aussicht auf die Trave

Übrigens: Am Flussufer in Schuppen 9 finden regelmäßig Flohmärkte und andere Veranstaltungen statt. Die Halle kann auch für private Events gemietet werden.

Hansemuseum

Gleich nebenan befindet sich das moderne Europäische Hansemuseum. Es ist architektonisch perfekt eingepasst in die historische Umgebung.

Übrigens fand hier, unmittelbar bevor das Museum 2015 seinen Betrieb aufnahm, ein Treffen der Außenminister der G7-Staaten statt. Offiziell eröffnet wurde es von Bundeskanzlerin Angela Merkel herself.

Das Museum zeigt in seiner Dauerausstellung 800 Jahre Hansegeschichte. Die beeindruckenden Rauminszenierungen und interaktiven Angebote sind tatsächlich sehr gelungen.

Es gibt einen kleinen Museums-Shop und ein Restaurant mit Trave-Blick.

Hier ist dann die Altstadt-Insel quasi „zu Ende“ und ich laufe in die entgegengesetzte Richtung über die Königstrasse zurück Richtung Innenstadt. Dabei komme ich zunächst zum Willy Brandt Haus.

Willy Brandt Haus

Willy Brandt ist ein berühmtes Kind der Stadt Lübeck. 1913 wurde der spätere Bundeskanzler hier als Herbert Ernst Karl Frahm geboren. Das Willy-Brandt-Haus zeigt in der Königstrasse 21 eine Ausstellung zum Leben und Wirken des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers und späteren Friedensnobelpreisträgers.

Willy Brandt hat nie in diesem Haus gelebt. Die Anregung zur Einrichtung einer Gedenkstätte für ihn stammt übrigens von Günter Grass, der ihm seit den 1960er Jahren politisch verbunden war.

Der Eintritt ist kostenlos. Infos gibt es hier.

Günter Grass Haus

Lübeck war die Wahlheimat des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass, dieser hatte also ebenfalls eine besondere Bindung zur Hansestadt.

In der Glockengießerstraße 21, gleich um die Ecke vom Willy Brandt Haus, befindet sich das Günter Grass Haus, mit einer Ausstellung über dessen Leben und seine Romane, wie beispielsweise „Die Blechtrommel“, durch den er endgültig zum Künstler werden sollte – als Schriftsteller. Im Garten kann man zudem einige von Grass entworfene Skulpturen besichtigen. Der Garten verbindet das Günter Grass Haus mit dem Willy Brandt Haus.

Der Eintritt ist im Tagesticket der Lübecker Museen enthalten (s. Abschnitt zum Holstentor). Mehr Infos gibt es auch hier.

Günter Grass

Hast Du gewußt, dass ein Restaurant in der Düsseldorfer Altstatt Günter Grass als Vorlage zum „Zwiebelkeller“ in der „Blechtrommel diente? Dort hatte Grass als Türsteher gearbeitet. Der Wirt Otto Schuster war das Vorbild für „Schmuh“. Siehe auch hier.

Bevor Grass nach Lübeck kam, lebte er im „Künstlerviertel“ in Berlin-Friedenau (mehr dazu hier).

Weiter geht es für mich parallel zur Königstrasse über die Strasse Tünkenhagen. In Nummer 32 befindet sich das großartige Café Galerie für eine Nacht mit frischem, selbst gebackenem Kuchen.

Hüxstrasse & Fleischhauerstrasse

Die Hüxstrasse und die Fleischhauerstrasse sind zwei wunderbare Einkaufstrasse mit kleinen, inhabergeführten Läden, Galerien, Cafés und Restaurants. Größte Versuchungen erwarten mich hier! Schwach werde ich bei Michaelsen – Scandinavian Living (Hüxstrasse 62), einem Laden mit skandinavischen Schönigkeiten (z.B. Maileg, Greengate,…).  

Bald muss ich mich in Sicherheit bringen, damit es nicht zu teuer wird. 😉

St. Aegidien

Ich laufe weiter zur Aegidienkirche. Sie ist die kleinste der fünf großen Lübecker Innenstadtkirchen, aber auch einer der sieben Türme (92 Meter hoch).

Im 16. Jahrhundert war hier der Ausgangspunkt der Reformation in Lübeck. Heute ist sie die mitgliederstärkste Kirchengemeinde auf der Altstadtinsel.

Gleich gegenüber kehre ich ein ins coole Café Konvent. Guter Kuchen!

Nach einer kurzen Stärkung setze ich meinen Weg über die St.-Annen-Strasse fort. Zunächst komme ich zur Synagoge, gleich dahinter schließt sich das Museumsquartier St. Annen an.

Museumsquartier St. Annen

Das Museumsquartier St. Annen befindet sich in den Gebäuden des ehemaligen St.-Annen-Klosters aus dem 15. Jahrhundert. Das Ensemble umfasst das St. Annen-Museum für Kunst- und Kulturgeschichte und die Kunsthalle St. Annen. Die Kunsthalle ist modern, sie stammt aus dem Jahr 2003. Einbezogen wurden – architektonisch reizvoll – die Überreste der 1843 abgebrannten ehemaligen Kirche des Klosters.

Ausgestellt wird im Museum neben mittelalterlicher, religiöser Kunst auch moderne Fotografie. Die Kunsthalle zeigt Moderne Kunst des 20. Jahrhunderts mit Themen-Schwerpunkt Portraits.

Es gibt einen Museumsshop und ein Bistro.

Über die kleine Düvekenstraße begebe ich mich Richtung Mühlenteich. Mir gefällt die ruhige Gegend um die Strasse An der Mauer!

Mühlenteich

Ich gehe weiter über die Mühlenbrücke und umrunde einmal den kleinen Mühlenteich. Er bietet einen fabelhaften Blick auf den Lübecker Dom.

Unterwegs passiere ich das aus dem 13. Jahrhundert stammende Kaisertor. Es wurde (zusammen mit dem lange abgerissenen Butenturm) zum Schutz des Mühlendamms und der seinerzeit lebenswichtigen Wassermühlen errichtet.

Das Gebäude wurde in jüngerer Vergangenheit als Flüchtlings-Unterkunft genutzt.

Lübecker Dom

Der Lübecker Dom war die erste große Backsteinkirche an der Ostsee. Mit gut 130 Metern Länge ist sie zudem eines der längsten Kirchengebäude Deutschlands. 1173 wurde sie von Heinrich dem Löwen gegründet und 1247 geweiht.

Beim Bombenangriff 1942 wurde der Dom massiv zerstört. Der Wiederaufbau nach dem Krieg lief schleppend, da andere Projekte vorrangig behandelt wurden. Im Oktober 2024 finden (wieder) Restaurierungsarbeiten statt.

Weiter geht es entlang An der Obertrave mit weiteren Höfen/Gängen.

Von der Dankwartsbrücke hat man einen tollen Blick auf Altstadt und Trave-Ufer! Am Ufer stehen jede Menge Wäscheleinen auf dem Rasen, auf denen tatsächlich reichlich Wäsche zum Trocknen hängt. Gerade werden einige Kanus startklar gemacht und mehrere Leute sitzen auf Bänken vor ihren Häusern und genießen die Sonne. Hier ist es richtig idyllisch!

St. Petri Kirche

Meine letzte Station des Tages, bevor ich dann zum Abendessen in die Schiffergesellschaft gehe, ist die St. Petri Kirche.

Auch die Petri Kirche (ev.) wurde beim englischen Fliegerangriff 1942 getroffen und brannte aus. Der Wiederaufbau begann erst in den 1960er Jahren, in den 1980er Jahren wurde das Kirchenschiff renoviert. Danach hat man sich bewußt entschlossen, die Räume weiß zu lassen. Die Kirche ist eine „Kirche für die ganze Stadt“, keine Gemeindekirche. Hier finden Veranstaltungen wie Konzerte, Lesungen, Ausstellungen oder Feste der Lübecker Hochschulen statt.

Der 108 Meter hohe Turm (natürlich einer der Sieben!) hat eine Aussichtsplattform. Per Fahrstuhl gelangt man hinauf auf 50 Meter. Von hier hat man einen tollen Rundblick auf die Stadt. Leider versperrt mir ein Baukran den Blick aufs Holstentor. Ärgerlich!

Der Eintritt zur Kirche ist gratis, die Aussichtsplattform kostet 5,- pro Person (Stand Oktober 2024).

Ziggy’s Bar

Eine Schlussbemerkung noch. Nach dem (leckeren) Abendessen in der Schiffergesellschaft (s.o.) ist mir noch nach einem Absacker. Ich lande unverhofft in Ziggy’s Bar in der Marlesgrube 58. Per Zufall komme ich vor der Tür mit der überaus sympathischen Inhaberin ins Gespräch, was bei mir für den ersten guten Eindruck sorgt. Drinnen geht es ähnlich nett weiter – die Bar ist klein und urgemütlich, mein Mojito ober-lecker und die Bedienung aufmerksam und freundlich.

Es finden regelmäßig Wohnzimmer-Konzerte statt. Das merke ich mir fürs nächste Mal!

Jetzt falle ich erstmal zufrieden mit diesem Tag ins (Hotel-)Bett!

Anreise

In nur 45 Minuten kommt man mit dem RE8 vom Hamburger Hauptbahnhof von Hansestadt zu Hansestadt.

Mit dem Auto von Süden kommend über die A1.

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