Island: Reykjanes


Die Halbinsel Reykjanes im Südwesten von Island lassen viele Reisende bei ihrer Fahrt vom Flughafen Keflavík nach Reykajvík im wahrsten Sinne des Wortes “links liegen”. Eindeutig ein Fehler, denn hier gibt es jede Menge Spektakuläres zu entdecken.

Ich komme Anfang April 2023 um 6:15 am Flughafen in Keflavík reichlich unausgeschlafen, aber sehr vorfreudig an.

Als erstes nehme ich den Zubringerbus, der die Mietwagen-Stationen am Flughafen anfährt. Meine ist eine der weiter entfernten Stationen, aber auch die ist schnell erreicht. Der Vermieter Ice Rental Cars ist sehr freundlich und die Abwicklung verläuft kurz und schmerzlos.

Als erstes steuere ich den Supermarkt Bónus in Reykjanesbær an. Der ist groß und gut sortiert, hier kaufe ich ein bisschen Proviant für den Tag. Dann geht’s los auf die 44, zur Umrundung der Reykjanes Halbinsel.

Es ist stürmisch! Obwohl das Meer ein gutes Stück von der Strasse entfernt liegt, kann ich die Gischt hoch spritzen sehen. Ansonsten für die Strasse durch unwirtliche Mondlandschaft. Ich bin fasziniert vom Gelb des Grases in Kombination mit dem Schwarz des Lavagesteins.

Brücke zwischen den Kontinenten

Im Ort Hafnir wird die 44 zur 425. Etwa eine Viertelstunde, nachdem ich auf die 44 abgebogen bin (gut acht Kilometer nach Hafnir), weist ein Schild nach links mit der Aufschrift Brú milli heimsálfa. Das ist der isländische Name für Brücke zwischen den Kontinenten.

Islands Westen und ein großer Teil des Nordens liegen auf der nordamerikanischen tektonischen Platte, während der Rest der Insel auf der eurasischen Platte liegt. Diese Platten driften jedes Jahr um etwa zwei Zentimeter auseinander, wobei wilde Risse und Gräben in der Erde entstehen, die teilweise recht spektakulär aussehen (noch besser ist das im Nationalpark Thingvellir zu sehen).

Die Brücke ermöglicht es, gewissermaßen zu Fuß von Europa nach Amerika zu gehen (und zurück). Sie wurde im Jahr 2002 eröffnet, ist 18 Meter lang und hat rein symbolischen Charakter und dient nur zur touristischen Unterhaltung. An beiden Enden der Brücke stehen Tafeln mit Informationen zur jeweiligen Kontinentalplatte.

Reykjanes Leuchtturm

Der Reykjanes Leuchtturm (Reykjanesviti) am südwestlichen Zipfel der Halbinsel ist der älteste Leuchtturm von Island. Er stammt aus dem Jahr 1878. Acht Jahre nach seiner Erbauung wurde er bei einem der zahlreichen Erdbeben, die Island regelmäßig erschüttern, zerstört und anschließend erneuert. Der heutige Turm stammt von 1908. Er ist 31 Meter hoch und dient auch als Landungslicht für den Flughafen Keflavík.

Reykjanestá

Reykjanestá ist die äußerste Spitze von Reykjanes mit einer Handvoll typisch isländischer Naturphänomene, die nicht so überlaufen sind wie ähnliche, bekanntere Naturschönheiten entlang der Ringstrasse. In Sichtweite des Leuchtturms befindet sich ein sehr großer Parkplatz. Oder eher eine freie Fläche, auf der man parken kann. Aber Achtung, es gibt viele große Schlaglöcher! Auto also abstellen und zu Fuß weiter!

Das erste, was ich sehe, ist der Karlinn (dt. Mann), ein etwa 60 Meter hoher Felsen, der allein vor der Küste im Meer steht. Die Wellen, denen er (heute) ausgesetzt ist, haben es wirklich in sich. Ein starker Mann, dass er denen trotzen kann!

Über den Parkplatz gehe ich (mit Blick aufs Meer links) in Richtung weiterer besonderer Felsformationen, die näher dran sind: Valahnúkamöl. Hier herrscht ziemlicher Lärm – die Brandung ist geradezu ohrenbetäubend und es wimmelt von kreischenden Vögeln, die in den Felsen nisten.

Seit 2019 ist die Klippe Valahnúkur leider für Besucher gesperrt, da sich ein großer Riss gebildet hat und die Gefahr von Erdrutschen besteht. Das macht aber nichts – auch so ist die Szenerie höchst eindrucksvoll!

Thermalquellen Gunnuhver

Keine fünf Minuten mit dem Auto entfernt ist der Parkplatz (West Parking) zu den Gunnuhver Thermalquellen (es gibt einen weiteren Parkplatz an der Ostseite). Man sieht es schon von weitem dampfen und qualmen, insofern muss man nur den Dampfschwaden folgen, dann ergibt sich der Weg von allein.

Thermalquellen Gunnuhver

Das Geothermalgebiet Gunnuhver gilt als das heißeste Hochtemperaturgebiet von ganz Island, bis zu 300 Grad heiß wird es hier. Also bloß nicht zu nah ran gehen! Aber es stehen auch überall Warnhinweise und Absperrzäune. Sicher ist sicher!

Die Ablagerungen der austretenden Gase färben die Erde in verschiedenen Rot-, Gelb- und Grautönen. Super attraktiv, besonders im Kontrast zur schwarzen Lava-Erde und dem aufsteigenden weißen Rauch. Im Hintergrund kann ich das Kraftwerk sehen, sonst ist hier nichts. Echte Mondlandschaft! 😉

Grindavík

Anfang 2023 ist mein nächstes Etappenziel die Stadt Grindavík. Kurz nach meinem Aufenthalt ereigneten sich mehrere Vulkanausbrüche in unmittelbarer Nähe der Stadt – auch die deutschen Nachrichten waren voll mit Meldungen und eindrucksvollen, teils erschreckenden Bildern. Zunächst gab es Zerstörungen durch Erdbeben und Bodenrisse, dann durch Lava, die bis zum Wohngebiet floss, wo sie drei Häuser und mehrere Straßen zerstörte. Seither ist die Zufahrt zur Stadt gesperrt und der Ort weitestgehend evakuiert.

Am 1. Januar 2023 hatte Grindavík 3669 Einwohner, die meisten arbeite(te)n in der Fischindustrie, die Stadt verfügt über einen der wenigen Häfen an der flachen Südküste.

Auf der nahen Halbinsel Hópsnes steht der orangefarbene Leuchtturm Hópsnesviti von 1928. Auf der Halbinsel liegen mehrere verrostete Schiffswracks.

Grindavík verfügt(e) über eine gute (touristische) Infrastruktur, wie Cafés, Restaurants, verschiedene Unterkünfte (inkl. Campingplatz), diverse Geschäfte und Banken und ein Freibad.

In Grindavik befindet sich das zweithöchste Bauwerk in Island: es ist einer der Sendemasten (304,8 Meter hoch) der Naval Radio Transmitter Facility der US-Marine.

Die Strasse 425 wird in Grindavík zur 427, und diese führt weiter an der Südküste der Reykjanes Halbinsel entlang. Diese fahre ich bis zum Abzweig auf die 42.

Krýsuvíkurkirkja

Nach gut dreieinhalb Kilometern kommt ein Wegweiser zur Krýsuvíkurkirkja. Spontan biege ich links ab. Die kleine Kirche, die ich hier entdecke, ist so, so zauberhaft! Sie steht mutterseelenallein in der kargen Landschaft und erobert sofort mein Herz. Ich behaupte, sie ist das, was die viel besuchte Búðakirkja auf der Halbinsel Snæfellsnes war, bevor sie von Touristenbussen angefahren wurde. Hier ist jedenfalls kein Mensch.

Die Kirche stammt aus dem Jahr 2020. 2010 war ihre Vorgängerin vollständig abgebrannt. Zehn Jahre hat der Bau einer neuen Kirche gedauert. Vollbracht haben das 130 Schüler der Technischen Oberschule in Reykjavík.

Gígvatnsvatn

Zurück auf der 42 erreiche ich nach ein paar Minuten den kleinen türkisfarbenen See Gígvatnsvatn. Auf Deutsch heißt er Grüner See. Die auffällige Farbe kommt von seinem Schwefelgehalt. Er ist erstaunliche 45 Meter tief!

Die Strasse führt direkt am Ufer entlang. Verkehr ist hier (Anfang April) keiner. Für einen längeren Aufenthalt gibt es einen kleinen Parkplatz am südlichen Ende des Sees.

Gígvatnsvatn Island

Thermalquellen Séltún

Nach ein paar Minuten kommt man von hier zum Solfatarengebiet (ich musste es nachschlagen, ein Hochtemperaturgebiet) Séltún. Die hier sprudelnden Quellen sind um die 100 Grad heiß! Auf Holzstegen kann man hindurchlaufen, ohne Angst haben zu müssen, dass die Schuhsohlen schmelzen.

Die aus den Schlammtöpfen austretenden Gase (vor allem Schwefel) sticken nach faulen Eiern. Ich konnte mich zum Glück schnell daran gewöhnen und fand es nicht sonderlich störend. Oder ich war einfach zu abgelenkt von den tollen Farben, die hier auf dem Boden entstehen: von gelb bis rötlich zu blaugrau.

Es gibt einige Informationstafeln, die die Vorgänge erklären. Ein kostenloser Parkplatz ist vorhanden.

Kleifarvatn

Ein Stück die Strasse weiter, hinter dem Geothermalgebiet, liegt einer der tiefsten Seen Islands, der Kleifarvatn. Er war 2000 in den Medien, als er nach einem Erdbeben ein Fünftel seiner Wassermenge verlor. Inzwischen ist die Wassermenge allerdings wieder auf Vor-Erdbeben-Niveau angestiegen.

Sehenswert ist der schwarze Sandstrand um den See.

Übrigens: Arnaldur Indriðason, ein bekannter isländischer Krimi-Autor, hat das Phänomen des Wasserverlusts‘ des Kleifarvatn in seinem Krimi Kältezone verwendet: durch das Absenken des Wasserspiegels wird ein Skelett freigegeben, an das ein russisches Abhörgerät gebunden ist… Lesenswert!

Blaue Lagune

Etwa vier Kilometer nördlich von Grindavík über die 43 erreicht man eine der bekanntesten Touristen-Attraktionen des Landes, die Blaue Lagune (Isländisch: Bláa Lónið). Das ist eine umfangreich ausgebaute Geothermalquelle, die heißes Mineralwasser des nahegelegenen Svartsengi-Kraftwerks für den Badebetrieb nutzt. Der Eintritt ist teuer (da gibt es nichts zu beschönigen), aber ich fand die Ausgabe doch lohnend. Island hat noch weitere tolle Thermalbäder, aber die Blaue Lagune ist die Mutter aller isländischen Thermalbäder! 😉

Blaue Lagune Island

Es werden eigene Kosmetikprodukte in einem schicken eingegliederten Shop angeboten. Toll ist, dass eine Packung im Eintrittspreis enthalten ist. Die holt man sich an einer „Bar“ IM Pool ab. Je nach dem, welches Preis-Paket man gebucht hat, kann man zwischen drei unterschiedlichen Packungen wählen. In den Duschen werden hauseigenes Duschgel und Conditioner bereit gestellt. Tipp: vor Betreten des Wassers Conditioner in die Haare einmassieren und nicht ausspülen. Das Wasser schädigt sonst die Haare und macht dieser super trocken!

Tickets kauft man zusammen mit einem Timeslot vorab online, zB Das Ganze ist ein Massenbetrieb, aber alles ist sehr professionell und es wird ständig gereinigt. Ein Getränk an der Pool-Bar und ein Handtuch zur Benutzung ist im Preis inklusive, Bademäntel gibt es nur im „Premium-Paket“. Es sind reichlich Schließfächer vorhanden!

Übrigens lohnt sich ein kleiner Spaziergang um die Anlage herum. Wenn man also ein bisschen vor der Einlasszeit dort ist, kann man sich so gut beschäftigen!

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert